Skifahrer können auch außerhalb einer flachen Piste landen
Schadenersatz. Ein Skigebiet muss zahlen, da eine Sechsjährige gegen einen zwei Meter von der Piste entfernten Anschlusskasten gefahren ist.
Wien. Gerade in der jetzigen Hochsaison stehen Skiunfälle auf der Tagesordnung. Und immer wieder stellt sich die Frage, ob nicht der Pistenbetreiber schuld am Unglück ist, da er gefährliche Objekte zu nahe an den Skifahrern aufgestellt hat. Aber kann der Pistenbetreiber auch zur Haftung herangezogen werden, wenn das Corpus Delicti zwei bis zweieinhalb Meter von der präparierten Piste entfernt gelegen ist? Diese Frage galt es in einem aktuellen Fall zu klären, nachdem ein Kind verletzt worden war.
Die Sechsjährige war nach einem Verschneiden der Ski gegen einen Elektranten geprallt. Das ist kein Tier aus Afrika, das sich auf die Skipiste verirrt hat, sondern der Anschlusskasten einer Schneelanze der Beschneiungsanlage. Der Elektrant war offen und wies scharfe Kanten auf. Auf der dem Hang zugewandten Seite gab es zwar eine Schutzmatte, doch diese war weit niedriger ausgefallen als das Objekt selbst.
Im Namen des Kindes wurden Schmerzengeld, Verunstaltungsentschädigung und der entstandene Sachschaden eingeklagt. Das Bezirksgericht St. Johann im Pongau fand aber, dass dem Mädchen kein Schadenersatz zustehe, da der Pistenbetreiber seine Sicherungspflichten nicht verletzt habe.
Das Landesgericht Salzburg hingegen sah sehr wohl die Sicherungspflicht verletzt. Dieses hielt fest, dass das Gefälle der Piste im Unfallbereich (fünf Grad) zwar gering war. Doch verwies das Landesgericht auf die Rechtsprechung zu vergangenen Fällen.
So hat die Judikatur entschieden, dass man damit rechnen müsse, dass Skifahrer auch über den Pistenrand hinaus stürzen können. Damals war ein Mann über eine Böschung in einen Graben gefallen, in dem leider spitze Steine auf ihn warteten. In einem anderen Fall ist entschieden worden, dass man selbst bei Skifahrern, die nur mäßig schnell unterwegs sind, mit Stürzen über den Pistenrand hinaus rechnen muss.
Ähnlich lag der nunmehrige Fall. Das Landesgericht hat aber in Anbetracht des doch zwei bis zwei- einhalb Meter vom Pistenrand stehenden Elektranten noch die Revision an den Obersten Gerichtshof (OGH) zugelassen, damit dieser die Rechtslage klärt.
Entfernung nicht entscheidend
Der OGH betonte, dass es nicht nur auf die Entfernung des gefährlichen Objekts ankomme. Es gehe auch darum, wie die konkrete Piste ausgestaltet sei. Im jetzigen Fall war der Skiweg flach. Doch die Piste wurde auf der einen Seite durch einen Abhang und auf der anderen Seite durch einen aufsteigenden Hang (dort stand der Elektrant) begrenzt. Nun müssten Pistenbetreiber aber auch damit rechnen, dass ein Skifahrer in den aufsteigenden Hang gerät, nachdem er zuvor un- absichtlich von der Piste abgekommen sei, meinte der OGH.
Bereits das Landesgericht hat festgehalten, dass gerade bei den heute üblichen taillierten Skiern ein Verschneiden im flachen Gelände leicht möglich sei. Der OGH präzisierte diesen Punkt noch dahingehend, dass das Verschneiden bei geringerem Gefälle zwar nicht häufiger vorkomme. Aber bei diesem könne man das Problem schwerer korrigieren als bei einem stärkeren Gefälle.
Unterm Strich bestätigte der OGH (1 Ob 219/18i) die Ansicht des Landesgerichts, das im Sinne der bisherigen Judikatur entschieden habe. Das Kind erhält Schadenersatz, die genauen Ansprüche werden nun noch geklärt.