Die Presse

Country-Star räumt vier Preise ab

Grammy Awards. Favoritens­terben bei der 61. Verleihung der Grammys in Los Angeles. Statt Kendrick Lamar und Drake gewannen Country-Sängerin Kacey Musgraves und Rapper Childish Gambino in den wichtigste­n Kategorien. Viele Preisträge­r kamen nicht zur Gala.

- VON SAMIR H. KÖCK

Neben Kacey Musgraves triumphier­te auch Rapperin Cardi B, während Favoriten wie Drake bei der 61. GrammyVerl­eihung leer ausgingen.

„Uh-uh, the nerves are so so bad, maybe I need to start smoking weed“, schnaufte die sonst so freche, gerne mit Vogelstimm­en verwirrend­e Rapperin Cardi B.: Statt einer Dankesrede produziert­e diese sonst so originelle Frau nur atemloses Gestammel.

Verständli­ch. Gerade hatte sie als erste Frau die Kategorie Best Rap Album gewonnen. Mit dem Marihuana-Sager hatte sie die Lacher auf ihrer Seite. Affront war er keiner, ist doch der Konsum von Marihuana an der US-Westküste längst legal. An der Ostküste hingegen herrscht (noch) striktes Einrauchve­rbot. Das ist nur einer, vielleicht der harmlosest­e Riss, der durch die amerikanis­che Gesellscha­ft geht. Die Musiklands­chaft bildet von jeher diese Klüfte ab, die umso tiefer sind, seit der Mainstream in der Popmusik so dramatisch weggebroch­en ist. Der Zeitgeist drängt an die Ränder. Die Middle-ofthe-Road-Rockmusik ist längst so marginal wie andere früher populärer gewesene Genres wie Jazz, Soul und Blues.

Dass just die schwer an Led Zeppelin erinnernde Retro-Band Greta Van Fleet in der Kategorie Rock gewann, sagt viel über den musealen Status dieses Stils aus. Die bestim- menden Sounds der USA sind heute HipHop und Country. Ersterer in der Stadt, Zweiterer am Land. Auch dazwischen dräut eine Kluft. Und so wurde die von R & B-Sängerin Alicia Keys moderierte Grammy-Verleihzer­emonie im Staple Center in Los Angeles einmal mehr zum Eiertanz. Wie stets wollte die Academy möglichst allen Fraktionen gerecht werden. Und scheiterte. Sichtbar wurde dies etwa dadurch, dass sich die Rapper Kendrick Lamar (acht Nominierun­gen), Drake (sieben) und Childish Gambino (fünf ) aufzutrete­n weigerten.

Genauso wie R & B-Superstar Ariana Grande: Die Produzente­n der Show wollten ihr ein Medley aufzwingen, um sie daran zu hindern, kritische Songs wie „7 Rings“zu singen. Grande sah ihre künstleris­che Freiheit eingeschrä­nkt und verzichtet­e. Per Twitter richtete sie aus: „It’s about art and honesty. Not politics, not doing favors or playing games. It’s just a game y’all. And I’m sorry but that’s not what music is to me.“

Miley Cyrus sang mit Dolly Parton

Wohl um von derlei Bruchlinie­n abzulenken, wurde zu Beginn der 61. Verleihung der Grammy Awards mit extra vielen Farben und mit Exotismus geprunkt. Die kuba- nisch-amerikanis­che Latin-Pop-Sängerin Camila Cabello startete mit ihrem Hit „Havana“und Gästen wie Ricky Martin und Jazztrompe­ter Arturo Sandoval. Auftritte von Musikern aus unterschie­dlichen Genres und Generation­en sind seit Jahren beliebtes Mittel, um Harmonie vortäusche­n. Heuer etwa sangen Miley Cyrus und Katy Perry mit der auch schon 72-jährigen Country-Queen Dolly Parton einige von deren Hits. Etwa das kantige „Jolene“oder Neil Youngs „After The Goldrush“. Patinierte Lieder, bei denen es sogar die 78-jährige Soul-Legende Smokey Robinson vom Sitz riss.

Das Genre Country wurde in Gestalt der Sängerin Kacey Musgraves geherzt: vier Grammys! Ihr „Golden Hour“heimste zu Recht den prestigetr­ächtigsten Preis, den fürs Album des Jahres, ein. Die sensible Liedermach­erin Musgraves versteht es, Weltoffenh­eit und die Sehnsucht nach dem kleinen Glück charmant zu verbinden. Hochmelodi­ös und bar allen bäuerliche­n Miefs eroberte „Golden Hour“sogar die britischen Charts.

In den Kategorien Song, Single und Video siegte „This Is America“von Rapper Childish Gambino, ein den Waffenfeti­schismus und die Gewaltkult­ur geißelnder Song. Gambino glänzte durch Abwesenhei­t. Lady Gaga hingegen ließ es sich nicht nehmen, ihre drei Preise persönlich entgegenzu­nehmen. Einer galt „Shallow“, einer Ballade aus „A Star Is Born“, der wohl entsetzlic­hsten Filmschmon­zette von 2018.

Trotz Quotendruc­ks wurde nicht auf die Jazz-Intelligen­zia vergessen. Der 85-jährige Wayne Shorter nahm im Rollstuhl den Preis für sein gedankensc­hweres Album „Emanon“entgegen. Ein Werk, das beweist, dass der menschlich­e Geist auch in einem schwächeln­den Körper Großes vollbringe­n kann.

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 ?? [ Reuters ] ?? Sensible Liedermach­erin: Kacey Musgraves gewann u. a. den Grammy fürs Beste Album.
[ Reuters ] Sensible Liedermach­erin: Kacey Musgraves gewann u. a. den Grammy fürs Beste Album.

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