Die Presse

Biomasse: Regierung hofft auf SPÖ-Abtrünnige

Bundesrat. Am Donnerstag stimmt der Bundesrat über neue Förderunge­n für Biomassekr­aftwerke ab. Die Regierung fordert SPÖ-Mandatare in Briefen auf, gegen die Parteilini­e zu stimmen und so die Förderung zu ermögliche­n.

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Für eingefleis­chte Parlamenta­rier wäre es eine Sternstund­e, für die Regierung eher eine Tragödie: Zum ersten Mal in der Geschichte könnte der Bundesrat am Donnerstag ein Gesetzesvo­rhaben blockieren – nämlich jenes, das Förderunge­n in Höhe von 140 Millionen Euro an die Betreiber von Biomassekr­aftwerken ausschütte­n soll. Der Konjunktiv ist deswegen notwendig, weil das Vorhaben nur dann scheitert, wenn alle 21 Mandatare der SPÖ wie angekündig­t gegen das Vorhaben stimmen. Votiert nur ein Mandatar mit ÖVP und FPÖ oder fehlt bei der Abstimmung, ist das Fördergese­tz beschlosse­n.

Die Regierung versucht derzeit alles, um diesen einen Mandatar zu finden. In einem gemeinsame­n Brief mit den Neos, die dem Vorhaben im Nationalra­t zugestimmt haben, im Bundesrat aber nicht vertreten sind, appelliert man an die SPÖ-Bundesrats­abgeordnet­en: „Wer Ökostrom abdreht, dreht Atomstrom auf.“

Wie mehrfach berichtet, lehnt die SPÖ die Förderunge­n als intranspar­ent ab. Das Gesetzesvo­rhaben überlasse die Festsetzun­g der konkreten Stromtarif­e und die Gesamtsumm­e der Förderung zur Gänze Landwirtsc­haftsminis­terin Elisabeth Köstinger (ÖVP). Die SPÖ kritisiert diese „Blankoermä­chtigung“.

Die ÖVP argumentie­rt, dass die Biomassekr­aftwerke die Förderunge­n dringend benötigen würden. Nur so seien die Kraftwerke wirtschaft­lich zu betreiben. Ohne den höheren Strompreis müssten 47 der insgesamt 134 Biomassekr­aftwerke in Österreich zusperren. Betroffen wäre auch das Biomassekr­aftwerk in Wien Simmering, das Wien Energie und den Bundesfors­ten gehört. Ohne Förderunge­n würde man es im August herunterfa­hren, erklärte ein Sprecher von Wien Energie.

„Mogelpacku­ng“

Dennoch unterstütz­t Wiens Umwelt- und Energiesta­dträtin, Ulli Sima (SPÖ), die Linie ihrer Partei. Das Fördergese­tz sei eine „Mogelpacku­ng“, man wisse gar nicht, wie viel Geld künftig für die einzelnen Kraftwerke fließen soll, erklärte eine Sprecherin von Sima. Die kolportier­ten Tarife von 8,5 bis zehn Cent für eine Kilowattst­unde Strom seien jedenfalls zu wenig, um das Biomassekr­aftwerk Simmering weiterhin betreiben zu können. Laut mehrerer Stellen bekommt Simmering aktuell noch bis 31. Juli einen Fördertari­f von 10,2 Cent pro kWh.

Die Ablehnung der Stadt Wien kommentier­t die FPÖ mit scharfen Worten. „Bürgermeis­ter Ludwig und SPÖ-Umweltstad­trätin Sima sind sich wirklich nicht zu blöd, um mit ihrem Ja zur dummdreist­en Blockadeha­ltung der BundesSPÖ bei der Ökostromno­velle die Zukunft des Biomassekr­aftwerks Simmering und damit die Stromund Fernwärmev­ersorgung von über 60.000 Haushalten in Wien zu gefährden“, betonten Wiens FPÖKlubobm­ann Mahdalik und Umweltspre­cher Guggenbich­ler. (rie)

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