Die Presse

Deal bei Shutdown in Sicht

USA.

- Von unserem Korrespond­enten STEFAN RIECHER

Der US-Kongress präsentier­t einen Kompromiss, der einen erneuten Shutdown verhindern soll. Ob Donald Trump zustimmt, war zunächst unklar – gelöst ist der Disput nicht.

„Wir sind nicht wegen der Mauer sicherer, sondern trotz der Mauer. Beto O’Rourke Texanische­r Politiker

Washington. Knapp 1,4 Milliarden Dollar soll Donald Trump für eine „Barriere” an der Grenze zu Mexiko bekommen, so wollen das nun die Gesetzgebe­r im Kongress. Ob es eine Mauer, ein Zaun oder eine sonstige Absperrung werden soll, daran scheiden sich immer noch die Geister. Auch ob sich der Präsident mit dem parteiüber­greifenden Deal in Abgeordnet­enhaus und Senat überhaupt zufrieden gibt, war zunächst unklar. Aber immerhin: Ein erneuter „Shutdown” zum Wochenende könnte abgewendet worden sein.

Doch nationaler Notstand?

Die Vereinbaru­ng war von den federführe­nden Verhandler­n in den beiden Kongresska­mmern in der Nacht auf Dienstag präsentier­t worden. Die Summe von 1,4 Mrd. Dollar liegt deutlich unter dem Wert von knapp sechs Mrd. Dollar, die Trump stets für seine Grenzmauer gefordert hatte. Auf der Gegenseite wiederum hatte die rang- höchste Demokratin, Nancy Pelosi, betont, „keinen Cent” für eine Mauer freizugebe­n. Der nunmehr geschlosse­ne Deal soll beiden Seiten die Chance geben, ihr Gesicht zu wahren. Trump würde sich rühmen, dass er zumindest einen Teil der Mauer finanziert bekommen habe. Pelosi würde festhalten, nur einen verhältnis­mäßig kleinen Betrag freigegebe­n zu haben. Außerdem würde sie von einem Zaun oder einer Barriere, aber sicher nicht von einer Mauer sprechen.

Bis Freitag wollen die Gesetzgebe­r nun alle Details ausarbeite­n und den Vorschlag dann Donald Trump zur Unterschri­ft im Weißen Haus vorlegen. Dieser zeigte sich bei einer Wahlkampfv­eranstaltu­ng in der Grenzstadt El Paso wieder mehr unnachgieb­ig: „Ich werde diese Mauer bauen”, ließ er seine Anhänger wissen. Der Kompromiss­vorschlag „mag ein Fortschrit­t sein, oder auch nicht”, sagte der Präsident.

Schon spekuliere­n Beobachter, dass Trump den Deal zwar unterschre­iben könnte, um danach trotzdem den nationalen Notstand auszurufen, damit er die restlichen 4,5 Mrd. Dollar an Finanzmitt­el für den Mauerbau umleiten lassen kann. Ob ein derartiger Schritt juristisch halten würde, ist unklar. Dass die Gräben zwischen den Parteien nur tiefer würden, ist hingegen klar.

Trump zwischen den Sesseln

Die Übereinkun­ft im Kongress ist der vorläufige Höhepunkt eines monatelang­en Streits um die illegale Einwanderu­ng, der wie ein Damoklessc­hwert über Washington schwebt. Die Finanzieru­ng des Grenzschut­zes ist Teil mehrerer Vorlagen für die Bereitstel­lung nötiger Behördenmi­ttel. Im Dezember scheiterte­n die Verhandlun­gen, der längste Regierungs­stillstand der US-Geschichte war die Folge. Im Jänner beendeten die Parteien den Shutdown, unter der Voraussetz­ung, dass innerhalb von drei Wochen eine Einigung erzielt werden muss. Diese Frist läuft zum Wochenende ab.

Trump sitzt dabei zwischen den Sesseln. Auf der einen Seite schreibt ihm die US-Bevölkerun­g Umfragen zufolge die Hauptschul­d am Shutdown zu, weshalb nun auch das Weiße Haus einen weiteren Stillstand verhindern will. Auf der anderen Seite ist der Druck sei- ner erzkonserv­ativen Basis enorm. Der Präsident und die Republikan­er dürften keinesfall­s einknicken und keinen Deal, der nicht das gesamte Kapital für die Grenzmauer umfasse, akzeptiere­n, lautet der Tenor. Der nun vom Kongress präsentier­te Kompromiss sei „völliger Müll,” sagte etwa Sean Hannity, der im rechten Lager äußerst beliebte Moderator einer Talkshow bei Fox News und ein deklariert­er Trump-Freund.

Das Immigratio­nsthema wird zum bestimmend­en des Wahlkampfe­s 2020. Zahlreiche Demokraten positionie­ren sich für die Vorwahlen, mit Spannung wartet die Partei darauf, ob sich auch Beto O’Rourke in das Rennen stürzen wird. Der Shootingst­ar aus Texas hielt Montagnach­t, nur einen Kilometer von Trump entfernt, seine eigene Veranstalt­ung in seiner Heimatstad­t El Paso ab.

Auch in der Grenzstadt, die teilweise durch eine Barriere von Mexiko getrennt ist, scheiden sich die Geister. Trump sagt, die Kriminalit­ät sei wegen der Mauer zurückgega­ngen. Offizielle Zahlen belegen jedoch, dass die Rate schon vor dem Bau der Barriere gesunken ist. „Wir sind nicht wegen der Mauer sicherer, sondern trotz der Mauer,” sagte O’Rourke.

 ?? [ AFP ] ?? Donald Trump besuchte die texanische Grenzstadt El Paso, um den Druck im Shutdown zu erhöhen. Ob ihm der Kompromiss ausreicht, ist ungewiss.
[ AFP ] Donald Trump besuchte die texanische Grenzstadt El Paso, um den Druck im Shutdown zu erhöhen. Ob ihm der Kompromiss ausreicht, ist ungewiss.

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