Schließung der Grenze zu Österreich „Ultima Ratio“
Deutschland. Die neue CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer setzt sich in der Flüchtlingspolitik von Angela Merkel ab.
Sie hat kein böses Wort über die Politik von Angela Merkel verloren. Und doch hat sich die neue CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer (AKK) in einem zentralen Punkt von ihrer Vorgängerin abgesetzt: Die CDU unter AKK erwägt notfalls eine Schließung der deutschen Grenze. Falls sich eine Situation wie 2015 wiederholen sollte. Das erklärte AKK in den ARD-„Tagesthemen“nach dem Ende der sogenannten CDU„Werkstattgespräche“.
Zwei Tage lang hatte die CDU von „Praktikern“Empfehlungen für eine neue Flüchtlings- und Migrationspolitik erarbeiten lassen. Und dazu zählen nun auch eine „nationale intelligente Grenzraumüberwachung bis hin zu Zurückweisungen“. Und Grenzschließungen? „Wir haben gesagt, als Ultima Ratio wäre das durchaus denkbar“, sagte Kramp-Karrenbauer. Für Kanzlerin Merkel war das bisher ein Tabu.
Der Streit um den Flüchtlingsherbst 2015 kreist immer auch um die Frage, ob Deutschland die Grenze zu Österreich im Herbst 2015 schließen hätte sollen. Der damalige Innenminister Thomas de Maizi`ere rechtfertigte sich jüngst, im Falle einer Grenzschließung hätte es „wilde Lager wie im griechischen Idomeni“auch in Österreich gegeben. Kanzlerin Merkel argumentierte mit EU-Recht. AKK trug die Linie damals mit.
Nun ist der Flüchtlingsherbst 2015 Vergangenheit. Aber der Streit kehrt immer wieder zurück. Im Frühsommer 2018 führte er die Unionsgemeinschaft aus CDU und CSU an den Rand des Abgrunds.
Zur Erinnerung: CSU-Innenminister Horst Seehofer wollte Zu- rückweisungen von Asylwerbern, die in einem anderen EU-Staat registriert waren, an der Grenze notfalls in Form eines nationalen Alleingangs durchsetzen. Merkel beharrte auf einer europäischen Lösung. AKK stand fest an ihrer Seite. Im letzten Moment gab es einen Kompromiss: Bilaterale Verträge sollten Rückführungen in die zuständigen EU-Länder ermöglichen. Es gibt solche Abkommen vorerst mit Spanien und Griechenland.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt findet den Vorstoß von AKK „mutig“. Weil eine Grenzschließung noch über die Diskussionen zwischen CDU und CSU im Sommer 2018 hinausgehe. Wobei: Seehofer wollte die Zurückweisungen sofort. AKK erwägt eine Grenzschließung nur im Falle einer neuerlichen Ausnahmesituation.
„Wir werden alles daran setzen, dass sich 2015 nicht wiederholt“, lautet das Credo der Parteichefin. Sie setzt dabei auch auf ein noch nicht näher definiertes „Migrations-Monitoring“, das größere Wanderungsbewegungen gen Europa rasch erfassen soll.
Die Wunschliste der Werkstattteilnehmer reicht deutlich weiter. Ein kleiner Auszug: mehr Befugnisse für die Bundespolizei; sofortige Ausweisungen bei Sexualdelikten oder Gewalt gegen Polizisten, Strafen für falsche Angaben im Asylverfahren; nur noch eine Instanz bei Klagen gegen abgelehnte Asylbescheide, mehr Frontex-Mitarbeiter schon 2020; keine Wiedereinreisemöglichkeit nach Abschiebung.
Die CDU hat heuer Wahlen in Europa und in drei ostdeutschen Bundesländern zu schlagen. Dort ist die Migrationsstimmung besonders skeptisch.