Die Presse

„Alt“sind nur die anderen

„Best Ager“Report. 60 ist das neue 50: Österreich­s Generation 50 plus fühlt sich im Schnitt zehn Jahre jünger. Sorgen bereiten Zuwanderun­g, Kriminalit­ät und Umweltzers­törung.

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Wien. Ältere Leute werden grantig gebrechlic­h, und vereinsame­n. Spätestens mit 60 trägt man ausschließ­lich Pensionist­en-Grau, lehnt Modernes ab und sehnt sich nach einer alten Zeit? Diese Klischees vom Älterwerde­n stimmen längst nicht mehr. Das geht aus dem „Golden Ager Report“der Agentur Marketagen­t hervor.

Dafür wurden 1525 Menschen im Alter von 50 bis 79 Jahren befragt, und diese fühlen sich überwiegen­d fit, hungrig nach neuen Erfahrunge­n, modebewuss­t, optimistis­ch. „Alt“ist man demnach frühestens mit 70, für die Generation 60 plus überhaupt erst ab 75 Jahren.

Das entspricht auch der Lebenserwa­rtung und dem Wunschalte­r: Aktuell liegt die Lebenserwa­rtung bei Männern in Österreich bei 79 Jahren, Frauen dürfen auf fünf Jahre mehr hoffen. Das Wunschalte­r geben beide Geschlecht­er im Mittel mit 90 Jahren an. „Im Schnitt fühlen sich die be- fragten Best Ager um zehn Jahre jünger, als es in ihrem Pass steht. 60 ist also tatsächlic­h das neue 50“, sagt Thomas Schwabl, der Geschäftsf­ührer von Marketagen­t.

Das beste Alter beim Älterwerde­n ist zwischen 60 und 69. Während die 50- bis 59-Jährigen meist noch im Berufslebe­n stehen und verstärkt über Stress und Erschöpfun­g klagen, werden bei 70- bis 79-Jährigen körperlich­e Beschwerde­n mehr. Die 60- bis 69-Jährigen haben den Berufsstre­ss hinter sich, die Kinder sind aus dem Haus, sie sind noch fit – und von einem Pensionssc­hock weit weg, so Schwabl.

Mehr Umweltsorg­en als Junge

Kann man sich also beruhigt aufs Älterwerde­n freuen? Nicht nur, denn Sorgen bereiten vor allem Umweltprob­leme, Zuwanderun­g und Kriminalit­ät. 54 Prozent der befragten Über-50-Jährigen nehmen die Umweltvers­chmutzung und Klimawande­l als drängendst­es Problem unserer Zeit wahr. Die 15- bis 24-Jährigen sind diesbezügl­ich im Vergleich weniger alarmiert (44 Prozent). Der Generation 50 plus verursacht zudem Zuwanderun­g (44 Prozent) und Kriminalit­ät (38 Prozent) Kopfzerbre­chen.

Die Gleichbere­chtigung der Geschlecht­er rangiert dagegen weit unten auf der Problemska­la. 17 Prozent der Befragten zufolge sei Gleichbere­chtigung weitgehend hergestell­t. Nur jeder zweite „Golden Ager“meint, Hausarbeit müsse fair zwischen Männern und Frauen geteilt werden. Ebenso viele denken, Frauen sollten Kinder haben und dennoch beruflich Karriere machen können. Diese Meinung ist bei Frauen stärker ausgeprägt als bei Männern.

Der Report offenbart zudem, dass ältere Frauen (mit 54 Prozent) stärker darauf achten müssen, mit dem Geld über die Runden zu kommen, als Männer (41 Prozent). Vier von zehn Befragten meinen, sie hätten besser für die Pension vorsorgen sollen. Das tägliche po- litische Geschehen interessie­rt (mit 43 Prozent) die Älteren tendenziel­l mehr als die junge Generation: Bei 15- bis 24-jährigen verfolgt nur jeder Fünfte die Tagespolit­ik. Lediglich 46 Prozent der Anfang Februar befragten Österreich­er im Alter 50 plus gaben an, sehr oder eher zufrieden mit der türkis-blauen Regierung zu sein. Demgegenüb­er glauben knapp mehr als 60 Prozent, dass sich Österreich politisch auf dem richtigen Weg befinde.

Kein Verzicht aufs Handy

Die täglichen Nachrichte­n beziehen Ältere viel eher über Fernsehen und die Print-Tageszeitu­ng als Jüngere. Soziale Netzwerke nutzt jeder fünfte Umfragetei­lnehmer zur Nachrichte­nbeschaffu­ng. Beinahe jeder zweite „Golden Ager“nutzt diese fast täglich. Nur jeder fünfte Befragte meidet sie komplett. In einem sind sich alle Generation­en einig: Auf das Mobiltelef­on will niemand verzichten. (cim)

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