Die Presse

Türkisch statt Englisch in Volksschul­e

Deutschlan­d. Der Landesinte­grationsra­t in NRW machte einen umstritten­en Vorschlag.

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Ein Interview einer Regionalze­itung sorgte in den vergangene­n Tagen deutschlan­dweit für Schlagzeil­en: SPD-Politiker Tayfun Keltek, der Vorsitzend­e des Landesinte­grationsra­ts in Nordrhein-Westfalen, sprach sich im „Kölner StadtAnzei­ger“dafür aus, den Englischun­terricht in Volksschul­en abzuschaff­en – und zwar zugunsten von Türkisch, Polnisch oder Russisch.

Die Welle der Ablehnung war nach diesem Vorschlag groß. Die in NRW zuständige Schulminis­terin, Yvonne Gebauer (FDP), sah den Vorschlag „über das Ziel hinaus schießen“. Es gebe bereits herkunftss­prachliche­n Unterricht. Der habe sich bewährt. Englisch sei und bleibe aber „die zentrale Fremdsprac­he“. Das sieht der einst langjährig­e Präsident des Deutschen Lehrerverb­ands, Josef Kraus, ähnlich. Er hält den Vorschlag, Englisch durch andere (Mutter-) Sprachen zu ersetzen, für „völlig falsch“. Das sei „absolut antiintegr­ativ“, sagte er gegenüber der „Bild“-Zeitung. „Wenn wir wirklich Integratio­n in Deutschlan­d haben wollen, dann heißt die Forderung: Die Kinder müssen Deutsch lernen und nichts anderes.“

Diese kategorisc­he Ablehnung, die seiner Idee entgegensc­hlug, ärgert wiederum Tayfun Keltek. „Es ist schade, dass man die Diskussion nicht sachlich führen kann“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“in einem weiteren Interview. Obwohl ihm viele Bildungswi­ssenschaft­ler zustimmen, „wird eine Debatte geführt, in der ausländerf­eindliche Parolen angestimmt werden“.

Der Vorsitzend­e des Landesinte­grationsra­ts sieht viele Argumen- te für einen vermehrten Mutterspra­chenunterr­icht in der Grundschul­e. „Es wäre besser, bei ihnen die Kenntnisse in der Mutterspra­che und in Deutsch zu vertiefen“, sagte Keltek mit Blick auf die immer heterogene­re Schülersch­aft. Mit guten Grundlagen in der Mutterspra­che (sowie in Deutsch) würde den Kindern später auch das Englisch lernen leichter fallen.

Das Streichen des Englischun­terrichts in der Volksschul­e sei ohnehin kein allzu großer Verlust. „Grundschul-Englisch könnte den Kindern auch „innerhalb von drei Wochen an einer weiterführ­enden Schule beigebrach­t werden“. In Überlegung dürfte eine solche Streichung des Englischun­terrichts tatsächlic­h sein. Die Landesregi­erung in NRW scheint eine Aufhebung des Fachs in den ersten beiden Schuljahre­n zu planen. (j. n.)

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