„Ökostrom kostet einfach Geld“
Interview. Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) zum möglichen Aus von 47 Biomassekraftwerken und zum steigenden CO2-Ausstoß.
Die Presse: Zum ersten Mal wird der Bundesrat mit den Stimmen der SPÖ morgen, Donnerstag, voraussichtlich ein Gesetz blockieren, nämlich jenes zur Förderung von Biomassekraftwerken. Was bedeutet das? Elisabeth Köstinger: 47 Kraftwerke müssten zusperren. Das wäre ein großes Problem vor allem auch für die Umwelt, weil der Strom aus Biomassekraftwerken ökologisch produziert wird.
Diese Förderung gibt es mittlerweile seit 13 Jahren. Wenn eine Anlage nach dieser langen Zeit noch immer nicht in der Lage ist, wirtschaftlich zu arbeiten, sollte man sie dann nicht ohnehin besser zusperren? Ökostrom kostet einfach Geld. Aber wirklich unwirtschaftliche Anlagen gibt es nicht mehr, auch wir haben für die Förderung eine klare Effizienzanforderung – nämlich einen Wirkungsgrad von 60 Prozent und mehr.
Ist Holz nicht generell zu wertvoll zum Verbrennen? Nein. Niemand verbrennt Holz, das man auch als Baustoff verwenden könnte. Nur das Holz, das man nicht anders nutzen kann, wird zur Herstellung von Papier oder für Biomasse verwendet. Gerade für das Verarbeiten des Schadholzes sind die Biomassekraftwerke wichtig.
Kritiker meinen, man sollte die Förderung für die Biomasse mit dem Gesetz zum Ausbau der erneuerbaren Energien regeln, das 2020 in Kraft treten soll und auch für Wind und Sonnenenergie neue Förderungen vorsieht. Warum macht man das nicht? Weil die Biomassekraftwerke nicht so lange überleben würden. Es geht jetzt um eine Überbrückung, bis das Gesetz zum Ausbau der erneuerbaren Energien greift.
140 Millionen Euro sind eine teure Überbrückung. Es geht nicht um ein Jahr. Viele Verträge sind schon früher ausgelaufen, die Förderungen wären also für die Jahre 2017, 2018, 2019. Wir brauchen diese Kraftwerke auch, um unsere Klimaziele zu erreichen. Dazu gehört, dass wir im Jahr 2030 unseren gesamten Strom aus erneuerbarer Energie produzieren wollen. Derzeit erzeugen wir mit der Biomasse mehr als doppelt soviel Strom wie mit Fotovoltaik. Aktuell haben wir einen Gesamtanteil von ungefähr 74 Prozent aus erneuerbaren Trägern. Wenn die Biomassekraftwerke zusperren müssen, werden wir mehr Strom aus Kohle- und Atomkraftwerken aus dem Ausland importieren müssen. In einem Entwurf für die Förderung von Biomasse wird von einem Tarif von 8,5 bis zehn Cent pro Kilowattstunde Strom gesprochen. Es gibt Kritik von kleineren Betreibern, dass das zum Überleben zu wenig sei. Wir sind gerade dabei, diese Förderungen zu diskutieren und zu gestalten. Es geht jetzt um eine Übergangsförderung, mit 1. Jänner 2020 wird es dann in einem Gesamtpaket einen Fördertarif für alle Energieproduzenten geben – Biomasse, Strom, Wind.
Aber zehn Cent wird der maximale Betrag sein? Das wird diskutiert. Das ist einer der Vorschläge, die in der Tarifverordnung drinnen sind. Unser Ziel ist es, die 47 Anlagen, um die es jetzt geht, möglichst vollständig abzusichern.
Sie haben die Klimaziele erwähnt: In den vergangenen drei Jahren ist der CO2-Ausstoß in Österreich erstmals wieder gestiegen, vor allem wegen des Verkehrs. Da werden die paar Biomasseanlagen ja nicht viel bewirken können. Doch, weil mit ihnen massiv CO2 eingespart wird. Wenn wir beispielsweise nach deren Schließung mehr Kohlestrom importieren müssen, wird auch mehr CO2 produziert – und das betrifft auch uns, weil CO2 keine Ländergrenzen kennt. Unser Plan ist, dass wir bis 2030 den CO2-Ausstoß um etwa 36 Prozent senken. Das wird hart und das wird uns nur gelingen, wenn jeder einzelne auch in seinem privaten Leben mithilft, den CO2-Ausstoß zu senken. Das beginnt beim Pkw-Verkehr und reicht bis zu Flugreisen.
Vor allem der Verkehr produziert viel CO2. Jetzt hat eine Studie der TU Wien ergeben, dass die 140 km/h auf der Autobahn kaum mehr CO2 zur Folge haben, als das aktuelle Tempolimit von 130 km/h. Was spricht denn dann gegen 140 km/h? Das war eine Zwischenuntersuchung, wir müssen noch auf die endgültigen Ergebnisse warten. Dann werden wir das diskutieren. Aber es geht weniger um Tempolimits, es geht mehr darum, eine generelle und komplette Trendumkehr im Verkehr zu schaffen. Generell weg vom Auto? Das glaube ich als jemand, der auf dem Land aufgewachsen ist, nicht. Dort braucht man das Auto. Aber wir müssen den öffentlichen Verkehr massiv ausbauen, wir brauchen mehr Elektromobilität, Wasserstoff, mehr Geld für die Schiene. Es gab einen Anstieg beim CO2 Ausstoß im Verkehr, und das müssen wir ändern.
Ein Grund für den Anstieg ist, dass die Menschen wegen der Debatte um Fahrverbote mehr Autos mit Benzin- als mit Dieselmotoren kaufen. Und ein Benziner produziert eben mehr CO2. Die Menschen sind wegen der Diskussionen in Deutschland massiv verunsichert. Es spricht wenig gegen Autos, die die Euro-6-Abgasnorm erfüllen. Aber ich glaube, es gibt eine grundsätzliche Debatte über den Verbrennungsmotor. Man sollte es so attraktiv wie möglich machen, auf E-Autos umzusteigen.
Fahrverbote für Autos mit Verbrennungsmotor sind in Österreich kein Thema? Nein.