Das seltsame Lavieren um die Fachkräftelücke
In Sachen Migration drückt sich die Politik um Entscheidungen.
Ö sterreich braucht wegen seines Fachkräftemangels Zehntausende Zuwanderer aus Drittstaaten, sagte neulich IHS-Chef Martin Kocher. Also von außerhalb der EU, in der ja alle Länder vor ähnlichen demografischen Problemen stehen. Etwa Deutschland, das laut einer gestern veröffentlichten BertelsmannStudie künftig bis zu 260.000 Zuwanderer pro Jahr benötigt, um seine Fachkräftelücke zu füllen.
Jetzt sind wir ein wenig verwirrt. Schließlich sind in den vergangenen vier Jahren allein über die Asylschiene 160.000 Menschen nach Österreich und 1,4 Millionen nach Deutschland gekommen. Überwiegend junge Männer. Zumindest aktuell dürfte es also gar keine demografische Lücke geben.
Sind die vielleicht gar nicht so arbeitsmarktfähig, wie uns das das AMS gerne einredet? Und lösen sie gar nicht jenes „Wirtschaftswunder“aus, das uns Daimler-Chef Dieter Zetsche 2015 versprochen hatte (ohne allerdings im eigenen Unternehmen nennenswert Asylanten einzustellen)? Ü brigens: Eine drückende Fachkräftelücke gibt es nicht nur in der IT, sondern auch im Sozialbereich. Da wird in Österreich gerade gestreikt, weil Volkshilfe & Co. zu den miserabelsten Arbeitgebern gehören und äußerst mickrig zahlen. Sie können freilich gar nicht anders, weil sie in hohem Maß von der öffentlichen Hand abhängig sind – und der für diesen Sektor (etwa Pflege) Hunderte Millionen fehlen. Während man auf der anderen Seite locker und ohne große Diskussionen 2,7 Mrd. Euro pro Jahr für die Folgen der unkontrollierten Asylzuwanderung aus dem Ärmel schütteln kann.
Das ist inkonsistent: Wir müssen uns entscheiden, ob wir attraktives Ziel für Fachkräfte sein wollen. Oder ob wir lieber Welt-Sozialamt spielen. Das zu vermischen führt in die Malaise.
Wenn wir uns für Ersteres entscheiden, dann gehört dazu eine (auch finanzielle) Attraktivierung der Mangelberufe und ein sehr striktes Migrationsmanagement. Um diese Entscheidung drückt sich die Politik. Und das ist die schlechteste aller Möglichkeiten.