Die Rennen der letzten Chancen
WM-Analyse. Die ÖSV-Speedteams reisten ohne Goldmedaille ab, vor allem bei den Damen ist die Stimmung im Keller. Nun wartet auf die Technikerinnen auch noch eine planmäßige Niederlage.
Die gute Nachricht vorneweg: Marcel Hirscher ist unterwegs, er wird heute in A˚re eintreffen und demnächst auf Medaillenjagd gehen. Sein Team weilt bereits in Schweden, und bis der ÖSV-Star am Freitag im Riesentorlauf ins WM-Geschehen eingreifen wird, dürfte auch das richtige Setup gefunden sein. Dann muss Hirscher, auch wenn er diese Rolle öffentlich ablehnen wird, einmal mehr die Ehre der stolzen, aber in A˚re noch goldlosen Skination retten, die sich im Medaillenspiegel nach sieben von elf Bewerben nur auf Platz sieben wiederfindet.
Weitere Sieganwärter gibt es bei den ausstehenden Technikrennen im österreichischen Aufgebot nämlich keine mehr. Bisher hat nur Speedspezialist Vincent Kriechmayr abgeliefert (Silber, Bronze), in der Abfahrt, also der Königsdisziplin, gab es aber bei den achten Titelkämpfen in Folge keinen rot-weiß-roten Weltmeister. Auch Kombi-Bronze-Gewinner Marco Schwarz war angetreten, um Gold zu holen, scheiterte daran aber ausgerechnet in seiner Paradedisziplin Slalom.
Vor allem die bisher enttäuschenden Damen haben die größten Medaillenchancen schon vergeben. Beachtlich war die Mannschaft von Chefcoach Jürgen Kriechbaum in den WM-Winter gestartet, hatte auch verletzungsbedingte Ausfälle gut weggesteckt. Mit den Saisonsiegerinnen Schmidhofer, Siebenhofer und Venier gehörte die Speedtruppe in A˚re zu den Favoritinnen. Zu Gold in Super-G und Abfahrt aber rasten Allrounderin Mikaela Shiffrin und das slowenische Ein-FrauTeam Ilka Stuhec. Ohne Edelmetall wurden auch vier Österreicherinnen in den Top Ten (Abfahrt) zur Randnotiz. „Die Enttäuschung ist riesig, die Stimmung ist jetzt am Boden“, erklärte Schmidhofer vor ihrer Abreise.
Um den historischen Nuller und die erste medaillenlose WM der ÖSV-Damen seit 1982 doch noch abzuwenden, müssen nun die Technikerinnen über sich hinauswachsen. Doch die Chancen von Bernadette Schild und Co. sind schwindend gering.
Unvermeidbar scheint eine Niederlage im Riesentorlauf am Donnerstag, in der Grunddisziplin des alpinen Rennlaufs fahren die Österreicherinnen hinterher, den bisher einzigen Podestplatz der Saison holte Stephanie Brunner, die in A˚re ebenso verletzt fehlt wie Anna Veith. So wurde Ricarda Haaser mit einem siebenten Rang als bester Saisonplatzierung und überhaupt noch ohne Weltcuppodest zur Nummer eins. Vom übrigen Aufgebot schaffte nur Slalomspezialistin Katharina Liensberger im WM-Winter ein TopTen-Ergebnis (9.). Und im Slalom am Samstag, voraussichtlich das Rennen der letzten Chance, kämpft man ohnehin schon mit der längsten Durststrecke. Der bisher letzte Weltcupsieg gelang 2014.
Mit dem Schichtwechsel zwischen Speed- und Technikteam ist zumindest neuer Elan im WMQuartier eingekehrt. Erfahrungsaustausch gab es jedenfalls keinen. „Ich habe nicht einmal die Nummern von den Mädels. Das ist ganz ein anderer Tross“, erzählt Schild, die in Funäsdalen südlich von A˚re trainiert hat. Was die Salzburgerin aber bemerkt hat, ist, dass Damenchef Kriechbaum schon einmal entspannter gewesen ist.
Neben Liensberger ist Schild die einzige ÖSV-Technikerin im Aufgebot, die es 2018/19 schon aufs Stockerl geschafft hat (3. im Levi-Slalom). Sie sagt: „Auf der Speed-Seite war es schon so, dass sie mit Medaillen gerechnet haben. Das ist jetzt auf der TechnikSeite anders, weil wenn wir eine Medaille machen, ist das eher eine Überraschung.“