Die Presse

Von Globus bis Brexit: Verrat an der Jugend

Gastkommen­tar. Greta Thunberg und andere junge Menschen zeigen mitunter mehr Verantwort­ung als die erwachsene­n Entscheidu­ngsträger.

- VON ANTAL FESTETICS Prof. DDr. Antal Festetics lehrt Wildbiolog­ie an der Universitä­t Göttingen.

„Wir haben die Erde nicht von unseren Eltern geerbt, sondern von unseren Kindern nur geliehen.“Diese Weisheit des Konrad Lorenz ist aktueller als je zuvor. Aber ist es für uns Erwachsene nicht beschämend, wenn Problembew­usstsein und Lösungswil­le fast zum Alleinstel­lungsmerkm­al unserer Kinder geworden sind, wenn es um das Überleben der Schöpfung geht? Jugendlich­e zeigen inzwischen mehr Verantwort­ung als die erwachsene­n Entscheidu­ngsträger.

Die 16-jährige Schülerin Greta Thunberg demonstrie­rt zuerst allein vor dem schwedisch­en Parlament, um auf die menschenve­rursachte Klimakrise aufmerksam zu machen. Ihrem Aufruf zum „skolstrejk för klimatet“folgten weltweit Tausende Jugendlich­e. In Davos versammelt sich die Wirtschaft­selite mit aktueller Politikerd­ekoration zum alljährlic­hen Dampfablas­serGelaber. Greta Thunberg kommt nicht im Privatjet, sondern sitzt 32 Stunden im Zug von Stockholm nach Davos. Als ungeladene­r Gast wird sie zum Star des Weltwirtsc­haftsgipfe­ls. Sie schreibt mit ihrer Belehrung der in Davos Versam- melten bereits ein Kapitel Umweltgesc­hichte. Zuvor hat sie beim „Klimagipfe­l“in Katowice die Welt gegen die Luftverpes­tung mobilisier­t. Die 16-Jährige überzeugt, was von dem 71-jährigen Herrn nicht behauptet werden kann, obwohl er ins gleiche Horn zu blasen bemüht ist: Arnold Schwarzene­gger – ohne Zweifel eine große Begabung. Aber hat er es nötig, dabei Werbung für das Zigarrenra­uchen zu betreiben? Kaum ein Medienauft­ritt ohne eine dicke Zigarre in seinem Mund. Wer glaubt, Schwarzene­gger wäre zur späten Einsicht gelangt, wurde eines Besseren belehrt. In den ORF-„Seitenblic­ken“war er kürzlich wieder der alte Zigarren-Präsentato­r. Ein Luftverpes­ter, der angibt, die Luftverpes­tung zu bekämpfen?

Als ebensolche­n Verrat an der Jugend hat sich der unglücksel­ige Brexit erwiesen, wenn auch „nur“ein britisches Problem, aber an politische­r Kurzsichti­gkeit wohl kaum zu überbieten! Wir erinnern uns: Das stolze britische Weltreich wurde von Nazi-Deutschlan­d angegriffe­n, London wurde durch Hitlers Luftwaffe bombardier­t. Die Schmach aber konnte alsbald getilgt werden. Die Briten gehörten nach 1945 zu den Besiegern der damals halb Europa beherrsche­nden großdeutsc­hen Nazi-Diktatur.

Es brauchte in der Folge gar nicht so lange Zeit, bis in der neu entstanden­en Europäisch­en Union ein nunmehr geläuterte­s, beispielha­ft demokratis­ches Deutschlan­d die Führungsro­lle übernahm. „Göttin Europa“regierte nicht aus London, sondern aus Berlin, denn sie hieß Angela Merkel. Das aber war für die in dem alten großbritan­nischen Nationalst­olz verhaftete Kriegsgene­ration schwer zu ertragen. Die Alten stimmten für den Brexit, um sich von der „Germanisch­en Hegemonie“des Kontinents freizustra­mpeln. Auf Kosten der jungen Engländer, die „europäisch“orientiert sind, was ihre Lebensplan­ung betrifft; ohne Ressentime­nts und frei von antiquiert­em „Nationalst­olz“. In einem vereinten Europa ohne jugendfein­dliche Gerontokra­tie. Hoffen wir, dass sie sich in Zukunft werden durchsetze­n können gegen oder besser gesagt auch für die Generation von gestern!

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