Wen wundert’s, dass kaum noch jemand Hausarzt werden will
Der Beruf der Allgemeinmediziner sollte rasch aufgewertet werden.
Seit Jahren legt die Ärzteschaft valide Daten zur Altersentwicklung von Hausärzten vor und hat genau vorgerechnet, ab wann es zu ärztlichen Versorgungsproblemen kommen wird. Diese Erkenntnisse haben wir mehrfach bekannt gemacht – sie wurden nur nicht beachtet, insbesondere die Hausärzte wurden als Auslaufmodell bezeichnet und anonyme Ärztezentren mit einem Zugangsradius von 15 Autominuten als allein selig machende Versorgungssysteme politisch angepriesen und schmackhaft gemacht durch Subventionen der öffentlichen Hand. Plakativ wurden solche Ordinationen mit großer Prominenz eröffnet, um nach kurzer Zeit sang- und klanglos aufgrund mangelnder Patientennachfrage zu verschwinden.
Es gab Pläne für 75 solcher Zentren, über ganz Österreich verteilt, obwohl wir immer wieder vor der Gefahr mangelnder Behandlungskontinuität durch wechselnde Ärzte in solchen Zentren gewarnt haben, obwohl wir immer wieder den schlechten Verdienst und die unattraktiven Arbeitszeiten der Ärzteschaft sowie das unattraktive Gesellschaftsrecht in solchen Zentren trotz riesiger Patientenzahlen und trotz Subventionen aufgezeigt haben.
Wen wundert es, dass immer weniger Leute diesen wunderbaren Beruf ergreifen wollen!
Jetzt ist es so weit, dass Ordinationen nicht nachbesetzt werden können und jene der verbliebenen niedergelassenen Allgemeinmediziner vor Patienten überquellen.
Aber das hat noch nicht ausgereicht: In den Bundesländern wurden vielen Ordinationen die Hausapotheken und damit wesentliche Teile des Einkommens gestrichen. In Wien wurde Ärzten das Parkpickerl zynisch verwehrt, sodass Visiten außerhalb weniger Gehminuten nicht mehr getätigt werden können. Krankenkassen haben Ärzte durch Schauspielpatienten mit Fake-Erkrankungen ausspioniert und bei „freundschaftlichen“ Aussprachen eingeschüchtert, die Honorare wurden im Laufe der Jahre real reduziert und Leistungen durch Deckelungen nicht bezahlt, die Leistungskataloge wurden so kompliziert gestaltet, dass die Werte einzelner Leistungen für Ärzte nicht mehr ersichtlich sind, die Verordnung moderner Medikamente wurde durch enorme bürokratische Auflagen hintertrieben, die für die Volksgesundheit so wichtige unbürokratische Verordnung von Mammografien wurde erschwert. Das mediengerechte Ärztebashing durch manche Volksanwälte motivierte auch nicht wirklich, sich nach anstrengender Arbeit solchen Auseinandersetzungen mit böswilligen, aber plakativen Angriffen auszusetzen.
Schon vor sechs Jahren hat der Österreichische Hausärzteverband (ÖHV) eine Liste zur Aufwertung von Hausärzten erstellt, die wir wieder in Erinnerung rufen wollen: 1. Anerkennung der Hausärzte als Primärversorger 2. Einschränkung des unkontrollierten Ambulanzzuganges 3. Beseitigung von Arbeitsbehinderungen (z. B. Verweigerung des Parkpickerls in Wien) 4. Abbau der Kassenbürokratie 5. Ausbildungsumfang erweitern äquivalent zu den Fachärzten 6. Turnusausbildung im Spital und in Lehrpraxen von Allgemeinmedizinern und Fachärzten 7. Erhöhung der Zahl an SpitalsAusbildungsplätzen für Allgemeinmedizin 8. Organisationsfreiheit ohne ideologischen Druck und ohne subventionierte Konkurrenz 9. Hausapotheken für unterversorgte Gebiete 10. Landarztzuschlag bei Wegfall der Hausapotheke 11. Honorierung äquivalent zu den Fachärzten
Der ÖHV fordert die Zusammenarbeit aller Lösungswilligen, um für Bevölkerung und Ärzte eine sinnvolle Lösung im Sinne unserer Punktation zu erreichen.