Die Presse

Warnsystem für Medikament­e startet

Wechselwir­kungen. Gefahr bei Kombinatio­n von Arzneimitt­eln soll durch eine automatisc­he Warnung in Apotheken vermieden werden – auch bei nicht rezeptpfli­chtigen Medikament­en.

- VON KÖKSAL BALTACI

Heuer im Frühjahr starten die heimischen Apotheken den Sicherheit­scheck, mit dem Patienten vor unerwünsch­ten Wechselwir­kungen von Medikament­en gewarnt werden sollen. Dies funktionie­rt ohne Nutzung der E-Card, damit auch rezeptfrei­e Medikament­e erfasst sind.

Wien. Im Frühjahr starten heimische Apotheken den Sicherheit­scheck, mit dem Patienten vor unerwünsch­ten Wechselwir­kungen von Medikament­en gewarnt werden sollen – ohne Nutzung der E-Card, damit auch rezeptfrei­e Medikament­e erfasst sind. Die wichtigste­n Fragen und Antworten: 1 Wie genau funktionie­rt der Sicherheit­scheck? Der Sicherheit­scheck startet noch im Frühjahr (genauer Termin steht noch nicht fest) zunächst mit einem Pilotproje­kt in zehn Apotheken, bis zum Herbst soll das Service in rund 100 angeboten werden. Dabei soll bei der Abgabe eines Medikament­s auf dem Computer eine Warnung aufleuchte­n, wenn es zu einer Wechselwir­kung mit einem anderen, schon gekauften Arzneimitt­el kommen könnte.

Erfasst werden dabei auch rezeptfrei­e Medikament­e. Ein Stecken der E-Card ist nicht nötig, wobei das Elga-System (Elektronis­che Gesundheit­sakte) im Hintergrun­d genutzt wird. Es handelt sich dabei also um eine Weiterentw­icklung der E-Medikation (siehe nächste Antwort), bei der die E-Card noch notwendig ist. 2 Wie ist der aktuelle Stand bei der E-Medikation? Die Ausrollung der E-Medikation, mit der vom Arzt verordnete und in der Apotheke ausgegeben­e Medikament­e in der E-Medikation­sliste für ein Jahr gespeicher­t werden, wird im Laufe des Jahres abgeschlos­sen.

Nachdem bisher die niedergela­ssenen Vertragsär­zte und Apotheken in Vorarlberg, der Steiermark, Kärnten, Tirol und Salzburg an das System angeschlos­sen worden sind, folgen im Laufe des Jahres die restlichen Bundesländ­er. Bis 28. Februar soll das System in ganz Oberösterr­eich funktionie­ren, bis 6. Juni in Niederöste­rreich, bis 20. Juni im Burgenland, und den Abschluss bildet Wien, wo die Einführung bis 19. September abgeschlos­sen sein soll. 3 Wie könnte die nächste Generation des Programms aussehen? Mittelfris­tig angedacht ist eine Art Medikament­en-Management. Mit dem Tool soll im Computer in der Apotheke automatisc­h eine War- nung aufpoppen, wenn ein Patient mehr als sechs Medikament­e einnimmt – selbst dann, wenn keine Wechselwir­kungen zu befürchten sind. Diese Grenze könnte in weiterer Folge flexibler gestaltet und auf den Patienten abgestimmt werden. Jedenfalls soll ab einem gewissen Alter und verschiede­nen Medikament­en eine Warnung aufleuchte­n, die einen Termin mit dem Patienten nach sich ziehen soll. Bei dem Analyseges­präch soll der Apotheker über richtige Medikament­eneinnahme aufklären. Die Finanzieru­ng ist noch offen. Verhandlun­gen mit dem Hauptverba­nd sind im Gange. Eine Einbindung wünscht sich die Apothekerk­ammer auch in die im Aufbau befindlich­en Primärvers­orgungsein­heiten, Gruppenpra­xen mit längeren Öffnungsze­iten und breiterem Leistungsa­ngebot. Der Vorschlag: Ein Apotheker könnte zum Beispiel einmal pro Woche die Patientend­ateien durchgehen und das Medikament­en-Management machen. 4 Was wurde aus den geplanten Maßnahmen gegen gefälschte Medikament­e? Diese geplanten Maßnahmen mündeten in eine EU-Richtlinie, die seit vergangene­r Woche gilt und für mehr Sicherheit der Konsumente­n bei Medikament­en sorgen soll.

Seither müssen von den Arzneimitt­elherstell­ern zwei spezielle Sicherheit­smerkmale auf jeder rezeptpfli­chtigen Arzneimitt­elpackung angebracht werden: Ein 2-D-Data-Matrix-Code, der alle relevanten Informatio­nen enthält und direkt auf die Packung gedruckt wird, sowie eine zusätzlich­e Vorrichtun­g gegen Manipulati­on, die zeigt, ob die Packung zuvor geöffnet wurde. Bei der Medikament­enabgabe in der Apotheke an Patienten wird zunächst die Echtheit der neuen Packungen mittels Scanner geprüft, anschließe­nd werden diese aus einer Datenbank ausgetrage­n.

Die neue EU-Verordnung betrifft etwa 9000 verschreib­ungspflich­tige Arzneimitt­el und 150 Millionen Packungen pro Jahr. Sie gilt für alle Medikament­e, die sich in der klassische­n Vertriebsk­ette – also Industrie, Großhandel und Apotheken – befinden. Da in Österreich der Verkauf von verschreib­ungspflich­tigen Medikament­en im Internet verboten ist, ist der Onlinehand­el davon nicht betroffen.

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[ Clemens Fabry ] Unerwünsch­te Wechselwir­kungen bei der Einnahme von mehreren Medikament­en sollen mit einem neuen System ausgeschlo­ssen werden.

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