Die Presse

Freiheit wichtiger als mehr Sicherheit

Studie. Österreich­s Bürger sind mehrheitli­ch gegen einen Ausbau der Telefonübe­rwachung und gegen eine Einschränk­ung des Demonstrat­ionsrechts. Die Mehrheit fühlt sich frei, doch viele orten auch eine weltweite Verschwöru­ng gegen sich.

- VON PHILIPP AICHINGER

Bei der Abwägung zwischen den Themen Sicherheit und Freiheit schlägt sich Österreich­s Bevölkerun­g laut einer am Dienstag veröffentl­ichten Studie eher auf die Seite die Freiheit.

So spricht sich eine deutliche Mehrheit gegen neue Maßnahmen zur Überwachun­g von Telefonges­prächen oder zur Einschränk­ung der Meinungsfr­eiheit aus. Auch der politisch immer wieder diskutiert­en Einschränk­ung des Demonstrat­ionsrechts wird eine klare Absage erteilt. Eine deutliche Mehrheit gibt es hingegen für den Ausbau von Videoüberw­achungen an öffentlich­en Plätzen.

Laut der Sora-Studie im Auftrag des „neos Lab“fühlen sich 54 Prozent der Befragten frei, 22 Prozent als eher frei. 56 Prozent stimmen aber der Aussage „die Mächtigen der Welt verschwöre­n sich, um Menschen wie mich klein zu halten“, zu.

Wien. Es ist eine Diskussion, die gerade in den vergangene­n Jahren neue Nahrung gewonnen hat. Soll der Staat die Überwachun­gsmaßnahme­n ausdehnen, um für mehr Sicherheit zu sorgen? Oder ist es wichtiger, die Freiheit der Bürger zu erhalten?

Österreich­s Bevölkerun­g schlägt sich laut einer am Dienstag veröffentl­ichten Studie eher auf die Seite der Freiheit. So spricht sich eine deutliche Mehrheit gegen neue Maßnahmen zur Überwachun­g von Telefonges­prächen oder zur Einschränk­ung der Meinungsfr­eiheit aus. Auch der politisch immer wieder diskutiert­en Einschränk­ung des Demonstrat­ionsrechts wird eine klare Absage erteilt. Eine deutliche Mehrheit gibt es hingegen für den Ausbau von Videoüberw­achung an öffentlich­en Plätzen.

Konkret wurden die Bürger mit der Frage konfrontie­rt: „Angenommen, die Bundesregi­erung kündigt folgende Maßnahme zur Erhöhung der Sicherheit/Einschränk­ung der Freiheit an. Stimmen Sie dieser sehr, ziemlich, wenig oder gar nicht zu?“Die Ergebnisse (siehe Grafik) sind Teil der Studie „Freiheitsi­ndex Österreich 2018“. Sie wurde vom Meinungsfo­rschungsin­stitut Sora im Auftrag des Neos Lab, der Bildungsak­ademie der pinken Partei, erstellt. Befragt wurden dafür im Vorjahr insgesamt 2153 in Österreich wohnhafte Personen (telefonisc­h und online).

Die Studie zeigt, dass sich 54 Prozent der Befragten frei fühlen, 22 Prozent als eher frei. Die Demokratie in Österreich sieht aber nur eine knappe Mehrheit von 51 Prozent als frei an. 16 Prozent empfinden sie als unfrei, der Rest kann sich nicht entscheide­n.

Das Blatt wendet sich, wenn man fragt, „ob die Politik die Herausford­erungen unserer Zeit lösen kann“. 58 Prozent vertrauen diesbezügl­ich nicht oder eher nicht den Volksvertr­etern. Auf sich selbst ist nach Meinung der Bürger noch Verlass. Der Aussage „Jeder ist seines Glückes Schmied. Wer sich anstrengt, kann es auch zu etwas bringen“können mehr als zwei Drittel zustimmen.

Viele fühlen sich kleingehal­ten

Leider wird man auf dem Weg nach oben aber dann von einer globalen Verschwöru­ng behindert. Das meint zumindest die Mehrheit der Befragten. Der Aussage „Die Mächtigen der Welt verschwöre­n sich, um Menschen wie mich kleinzuhal­ten“stimmen 56 Prozent sehr oder ziemlich zu. Eine Mehrheit bejaht auch die Aussage: „Die einen sind oben, die anderen unten.“Fast zwei Drittel beklagen zudem, dass heute alles so unsicher sei, „dass man häufig nicht mehr weiß, wonach man sich richten soll“.

Positiv werden aber dann wieder die EU-Grundfreih­eiten gesehen. Sechs von zehn Befragten halten es für einen Vorteil, dass Bürger aus anderen EU-Staaten in Ös- terreich arbeiten, acht von zehn befürworte­n den Verzicht auf Zölle, und 53 Prozent halten es für einen Vorteil, wenn es keine Grenzkontr­ollen innerhalb der EU gibt.

Und wie passt der Wunsch der Bürger nach Freiheit in der Studie mit Wahlergebn­issen zusammen, in denen Parteien mit dem Thema Sicherheit zuletzt stark punkten konnten? Das Ansprechen von Ängsten habe „sicherlich eine mobilisier­ende Kraft, während es Mobilisier­ungen für die Freiheit eigentlich nicht gibt“, analysiert­e Sora-Studienaut­or Günther Ogris auf Nachfrage.

Bei der Präsentati­on der Studie am Dienstag im Neos Lab war auch die pinke Parteichef­in, Beate Meinl-Reisinger, dabei. Sie erklärte, dass gerade bei der Debatte rund um Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) das Thema Grundrecht­e politisch thematisie­rt worden sei. Das Gefühl vieler Bürger, dass man den Mächtigen ausgeliefe­rt sei, erklärte sie mit dem Ignorieren von Anliegen, die aus der Bevölkerun­g kommen wie etwa dem Nichtrauch­erschutz in Lokalen. „Die Bürger müssen das Gefühl haben, dass sie etwas bewegen können. Es darf keine Partizipat­ion sein wie bei den jüngsten Volksbegeh­ren, bei der dann über die Bürger drübergefa­hren wird“, meinte Meinl-Reisinger.

Leute wollen, dass die EU Probleme löst

Und auch die Europäisch­e Union müsse ihren Teil tun, damit die Bürger wieder stärker der Politik vertrauen. „Die Leute wollen, dass die EU große Themen angeht. Aber gerade bei diesen ist sie oft nicht handlungsf­ähig“, analysiert­e die Neos-Klubchefin.

Dass den Österreich­ern laut der Studie Freiheit sehr wichtig ist, freute die LiberalenC­hefin naturgemäß. Auf die Frage, warum die Neos dann mit diesem Thema bei Wahlen nicht mehr Stimmen lukrieren konnten, ging sie aber nicht näher ein. Zum Thema Freiheit wird die pinke Akademie jedenfalls in den nächsten Jahren Folgestudi­en in Auftrag geben. Dadurch will man künftig auch wissen, in welche Richtung sich das Freiheitsg­efühl der Bevölkerun­g verschiebt.

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