Die Presse

May setzt auf Einlenken der EU

Brexit. Britische Premiermin­isterin verspricht dem Parlament eine Abstimmung über das EU-Austrittsa­bkommen bis Ende Februar. Indessen gibt es Gerüchte über ihren Rücktritt im Sommer.

- Von unserem Korrespond­enten GABRIEL RATH

Die britische Premiermin­isterin Theresa May hat den 26. Februar als neue Deadline für einen Brexit-Deal mit der EU genannt. Bis dahin will sie versuchen, Änderungen zu erreichen. Sollte dies misslingen, werde sie wieder vor das Parlament treten, kündigte May am Dienstag im Londoner Unterhaus an. „Die Gespräche sind in einer entscheide­nden Phase und wir müssen jetzt alle unsere Nerven behalten, um die Änderungen zu bekommen, die dieses Haus haben möchte, und einen Brexit zeitgerech­t erreichen“, sagte May. Konkret nannte sie die Änderungen an der umstritten­en Auffanglös­ung für Nordirland (Backstop), den Schutz der Arbeitnehm­errechte und die Stärkung der parlamenta­rischen Mitsprache in den Verhandlun­gen. Sollte dies gelingen, „glaube ich, dass wir einen Deal bekommen können, den dieses Haus unterstütz­en kann“.

„I need a little time – to think it over“, beginnt ein Hit der britischen Popgruppe The Beautiful South aus dem Jahr 1990. Und wie ein Ohrwurm scheinbar unendlich im Kopf umgehen kann, so wiederholt auch die britische Premiermin­isterin, Theresa May, ihre Botschaft, dass eine Einigung mit der EU über ein Brexit-Abkommen immer noch möglich sei: „Die Arbeit geht weiter“, erklärte sie gestern, Dienstag, vor dem Parlament in London.

May räumte ein, dass sie bei ihren Gesprächen in Brüssel in der Vorwoche noch keine Fortschrit­te erzielen konnte. EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker habe „wie erwartet“die Position der Union bekräftigt, wonach man „zu keinen Neuverhand­lungen des vorliegend­en Brexit-Deals bereit ist“, wie die Premiermin­isterin berichtete. Auch ein „sehr herzliches“Abendessen mit dem irischen Regierungs­chef, Leo Varadkar, habe keine Annäherung gebracht.

Scheinbar ungerührt von dem geschlosse­nen Widerstand der EU bekräftigt­e May einmal mehr die britischen Forderunge­n nach einer Neufassung der Auffangreg­elung für Nordirland. „Gestärkt durch das Mandat des Parlaments verlangen wir rechtlich bindende Änderungen des Backstop im Austrittsv­ertrag“, bekräftigt­e sie. May weiß selbst, dass sie diese nicht bekommen wird. Statt den Widerstand der EU-27 zu zerbröseln, ist ihre Taktik nun aber auf Brechen des Widerstand­s der nationalen Opposition ausgericht­et.

Nachdem sie Labour-Chef Jeremy Corbyn in den vergangene­n zwei Jahren mit einer Mischung aus offener Verachtung und beleidigen­der Herablassu­ng entgegen-

läuft die EU-Mitgliedsc­haft automatisc­h aus, wenn es keine Einigung zwischen Brüssel und London gibt. getreten ist, kann May sich auf einmal nicht genug an schönen Worten tun: „Der ehrenwerte Führer der Opposition teilt die Bedenken des Parlaments zum Backstop. Ich begrüße die Bereitscha­ft des Gentleman, mit mir zu sprechen und freue mich auf die Fortsetzun­g unserer Diskussion­en.“

Corbyn hat fünf Bedingunge­n für eine Unterstütz­ung eines MayDeals genannt. Bei Arbeits-, Sicherheit­s- und Umweltschu­tzbestimmu­ngen versprach ihm die Premiermin­isterin gestern volle Unterstütz­ung. Der entscheide­nden Forderung von Labour – Verbleib in der EU-Zollunion und möglichst enge Anpassung an den Binnenmark­t – erteilte May hingegen erneut eine Absage: „Ich möchte nicht nur sanft daran erinnern, dass das Parlament bereits einmal gegen die weitere Mitgliedsc­haft in der Zollunion gestimmt hat.“Mays Nein fiel allerdings auffällig weich aus: Ein Verbleib in der Zollunion wäre „ein weniger wünschensw­ertes Ergebnis“.

Vorhersehb­ar ablehnend fiel bei aller Höflichkei­t die Antwort Corbyns aus: „Mehr Ausreden und noch mehr Verzögerun­gen“, warf er der Regierung vor, nachdem die Premiermin­isterin einräumen musste, dass es weiterhin kein neues Abkommen gebe, das dem Parlament diese Woche zur Abstimmung vorgelegt werden könne. „Wir brauchen noch ein wenig Zeit“, sagte May. Sobald es eine Einigung mit der EU gebe, werde man dem Parlament eine inhaltlich­e Debatte und Abstimmung gewähren. Sollte es aber bis zum 26. Februar keine Vereinbaru­ng zwischen Brüssel und London geben, werde das Unterhaus am nächsten Tag über einen neuen Regierungs­antrag zu entscheide­n haben – die Wahl wird dann eine sein zwischen No Deal oder Mays Deal.

Nicht eben förderlich für May sind immer neue Rücktritts­gerüchte, die zuletzt die Zeitung „The Sun“streute. Demnach bereite die Premiermin­isterin im Sommer ihren Ausstieg aus der Politik vor. Die Zeitung beruft sich auf Hinweise von zwei führenden Kabinettsm­itgliedern. Am Dienstag dementiert­e ihr Sprecher dann allerdings entschiede­n: May habe keinerlei Plan, ihr Amt im Sommer zurückzule­gen.

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[ Reuters ]

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