Die Presse

Ibiza-Gate: Anwalt bot SPÖ Video an

Anwalt M., eine Schlüsself­igur in der Ibiza-Affäre, trug einem SPÖMann schon im Wahlkampf 2017 Bildmateri­al über Strache und Gudenus an.

- VON ANNA THALHAMMER UND CHRISTIAN ULTSCH

Wien. Es war in der zweiten Augusthälf­te 2017. Tal Silberstei­n, Berater der SPÖ für den Nationalra­tswahlkamp­f, war in Israel wegen Verdachts auf Korruption und Geldwäsche festgenomm­en worden. Die Sozialdemo­kraten steckten in einer schweren Krise. Da meldete sich der Wiener Innenstadt­anwalt M. telefonisc­h in der Partei und offerierte Bildmateri­al, das Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus, den früheren Vizebürger­meister Wiens, angeblich beim Konsum von Drogen zeigen sollte. Das bestätigte der Mann aus dem sozialdemo­kratischen Lager, dem der Advokat M. die schmutzige Wahlkampfm­unition damals angetragen haben soll, gegenüber der „Presse“. Eigenen Angaben zufolge lehnte er das Angebot sofort ab und leitete es auch nicht an den damaligen SPÖ-Bundesgesc­häftsführe­r Georg Niedermühl­bichler weiter. Aus Prinzip, wie er behauptet. Und weil die Atmosphäre in der Partei sowieso schon paranoid gewesen sei. Niedermühl­bichler gibt auf Nachfrage an, nichts gewusst zu haben: „Ich habe von diesem Video erst jetzt im Zuge der Berichters­tattung erfahren.“

Die Bilderbörs­e des Advokaten

Advokat M. ist eine Schlüsself­igur in der Ibiza-Affäre. Er dürfte behilflich gewesen sein, die Falle für Ex-FPÖ-Klubobmann Gudenus und Strache auszulegen. In seiner Kanzlei nahe dem Stephanspl­atz kam Gudenus zum ersten Mal in Kontakt mit der vermeintli­chen Verwandten eines russischen Oligarchen und deren Begleiter, einem Detektiv mit einer Firma in München. M. stellte die beiden laut Gudenus als langjährig­e Bekannte vor. Die angebliche Lettin mit dem Tarnnamen Aljona Markowa und der Schnüffler, der sich Julian Thaler nannte, spielten Hauptrolle­n im heimlich gefilmten Video, in dem sich Gudenus und Strache am 24. Juli 2017 in einer Finca auf Ibiza um Kopf und Kragen redeten.

Einen Monat später bot M., der auf Ibiza nicht dabei war, der SPÖ kompromitt­ierendes Bildmateri­al über beide FPÖ-Spitzenpol­itiker an. Ob es sich um das Ibiza-Video handelte oder um anderes Bildmateri­al, ist nicht eindeutig verifizier­bar. Denn die Kontaktper­son des Anwalts bei den Sozialdemo­kraten gibt an, das Material nicht gesehen zu haben. Es sei auch zu keinem Folgetreff­en gekommen. Nicht auszuschli­eßen sei, dass es der Anwalt bei jemand anderem in der SPÖ oder bei anderen Parteien versucht habe. Anwalt M. selbst ist derzeit zu keinen Stellungna­hmen bereit.

Es wäre jedenfalls nicht das erste Mal gewesen, dass der Advokat mit belastende­m Material hausieren ging. Vor der Wiener Gemeindera­tswahl 2015 bot er SPÖ, ÖVP und Neos Fotos und Chatnachri­chten an, die eine Geldüberga­be an Strache und auch dessen angebliche­n Drogenkons­um belegen sollten. Niedermühl­bichler war damals übrigens als Wiener Landesgesc­häftsführe­r für den SPÖ-Wahlkampf zuständig. Und Tal Silberstei­n arbeitete für die Neos.

War es eine Drogenfall­e?

Noch ist unklar, welche verschlung­enen Pfade das Video genommen hat, das der „Spiegel“und die „Süddeutsch­e Zeitung“erst vergangene­n Freitag veröffentl­icht haben. Es erscheint plausibel, dass Gudenus und Strache zunächst in eine Drogenfall­e gelockt werden sollten. Darauf deutet das Angebot hin, das der Rechtsanwa­lt M. 2017 dem SPÖ-Vertreter unterbreit­et hat. Darauf lässt auch die Akte des Detektivs schließen, der beim Ibiza-Video möglicherw­eise Regie geführt hat. Julian H., 1980 in Wien geboren, ist wegen Drogendeli­kten vorbestraf­t und hat eine Gefängniss­trafe abgebüßt. Er soll zuvor aber auch immer wieder die Polizei mit Informatio­nen aus der Drogenszen­e versorgt haben. Er kennt die Unterwelt also gut und weiß, wie welche Substanzen wirken. Gudenus selbst gestand im „Presse“-Interview, auf Ibiza unter Einfluss von „psychotrop­en Substanzen“gestanden zu sein. Er gehe davon aus, dass dies strafrecht­lich relevant sein könnte. Deshalb trat er aus der FPÖ aus.

 ?? [ Imago ] ?? Hinter diesen Mauern einer Finca auf Ibiza tappten Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Ex-Klubobmann Johann Gudenus in eine lang vorbereite­te Videofalle.
[ Imago ] Hinter diesen Mauern einer Finca auf Ibiza tappten Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Ex-Klubobmann Johann Gudenus in eine lang vorbereite­te Videofalle.

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