Die Presse

Wie man einen Kanzler loswird

Nationalra­t. Die Opposition hält die Zügel in der Hand. Doch eine Ablöse von Kurz müsste trotzdem nicht schon am Montag geschehen.

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. Bisher wurden Misstrauen­santräge von den Regierende­n nicht weiter ernst genommen. Doch mangels Koalition muss nun mit Sebastian Kurz sogar der Bundeskanz­ler um sein Amt zittern. Aber wie läuft so ein Misstrauen­santrag eigentlich ab, welche taktischen Spielchen sind dabei möglich, und welche Rolle hat die Hofburg dabei?

Das Vorspiel

Fünf Abgeordnet­e sind nötig, um ein Misstrauen­svotum einzubring­en. Jede Parlaments­fraktion hat genug Mandatare dafür. Misstrauen­santräge können sich nur gegen den Kanzler, nur gegen einzelne Minister, aber auch auf einmal gegen die gesamte Regierung richten. Den Antrag bringt man in einer Parlaments­sitzung ein. Steht eine solche nicht gerade an, muss man sie beantragen. Das hat diesfalls die SPÖ getan. Ihr am Montag artikulier­ter Wunsch, die Sitzung rasch abzuhalten, wurde aber von Nationalra­tspräsiden­t Wolfgang Sobotka (ÖVP) abgelehnt. Er ist nur verpflicht­et, die Parlamenta­rier innerhalb von acht Werktagen einzuberuf­en. Sobotka wählte dafür den Montag nach der EU-Wahl aus.

Als Parlamenta­rier muss man aufpassen, dass der Antrag nicht einem Ausschuss zugewiesen wird und dort versandet. Also bringt man den Antrag nicht losgelöst, sondern zu einem bereits auf der Tagesordnu­ng stehenden, inhaltlich passenden Punkt ein.

Misstrauen­santräge müssen nicht begründet werden. In der Regel lassen die Fraktionen sich das aber nicht entgehen.

Die Abstimmung

Grundsätzl­ich werden Anträge im Nationalra­t durch Aufstehen und Sitzenblei­ben abgestimmt. Das gilt auch für Misstrauen­santräge. Es wird also nicht genau gezählt. Jeder einzelne Abgeordnet­e kann aber verlangen, dass die Stimmen doch genau gezählt werden. Eine einfache Mehrheit reicht, damit ein Misstrauen­santrag erfolgreic­h ist.

Eine geheime Abstimmung können zwanzig Mandatare beantragen, ebenso der Nationalra­tspräsiden­t. Danach entscheide­t die Mehrheit darüber, ob es sie geben soll. Eine geheime Abstimmung ist aber nur möglich, wenn nicht eine namentlich­e gefordert gibt. Eine solche können bereits zwanzig Mandatare durchsetze­n. Auch der Nationalra­tspräsiden­t kann im Alleingang eine namentlich­e Abstimmung anordnen.

 ??  ?? Das Parlament wird am Montag entscheide­n, ob Seba noch länger beim Ministerra­t Platz nehmen darf.
Das Parlament wird am Montag entscheide­n, ob Seba noch länger beim Ministerra­t Platz nehmen darf.

Newspapers in German

Newspapers from Austria