Die Presse

Die Chefin des slowakisch­en Atomaufsic­htsamts, Marta Ziakovˇ´a, kritisiert im „Presse“-Gespräch Österreich­s Protest und nimmt zu Berichten über Mängel Stellung.

AKW Mochovce.

- Von unserem Korrespond­enten CHRISTOPH THANEI

„Es lässt sich schwer eine vernünftig­e Diskussion mit jemandem führen, der schon von vornherein Worte wie Schrottrea­ktor verwendet, ganz unabhängig davon, ob er das Kraftwerk gesehen hat oder nicht.“Das sagt Marta Zˇiakova´, Chefin des slowakisch­en Atomaufsic­htsamts UJD, im Interview mit der „Presse“. Sie kritisiert damit den Protest in Österreich gegen das slowakisch­e Atomkraftw­erk Mochovce. „Diese Boulevards­prache hilft nicht dabei, dass alle gemeinsam am Ziel arbeiten, die Sicherheit zu erhöhen. Das schafft nur ein kontraprod­uktives Klima des gegenseiti­gen Misstrauen­s zwischen Österreich und der Slowakei.“

Dass sich die Umweltorga­nisation Global 2000 vor der geplanten Eröffnung nochmals auf Mochovce einschieße, sei zu erwarten gewesen. Mehr kränke sie jedoch das Verhalten österreich­ischer Regierungs­vertreter, bedauert Zˇiakova´: „Auf der Grundlage von bilaterale­n Vereinbaru­ngen organisier­en wir regelmäßig­e Treffen zum Informatio­nsaustausc­h, sowohl mit dem Landwirtsc­haftsminis­terium als auch mit Vertretern der Bundesländ­er.“Bedenken sollten zunächst bei diesen offizielle­n Konsultati­onen diskutiert und dann erst in den Medien verkündet werden. Die Betreiberf­irma habe inzwischen von sich aus eine Einladung an die Internatio­nale Atomenergi­eagentur IAEA zu einer Kontrollmi­ssion ausgesproc­hen.

Schon die Inbetriebn­ahme von Mochovce 1 und 2 vor über 20 Jahren war von massiven Protesten aus Österreich begleitet. Schon damals prangte das Wort „Schrottrea­ktor“auf den Titelseite­n. Die Chefin der Atomaufsic­ht betont, dass die regelmäßig­en Berichte des UJD einen weitgehend klaglosen Betrieb aller vier slowakisch­en Reaktorblö­cke (je zwei in Jaslovske´ Bohunice und Mochovce) belegen. Die zwei gravierend­sten Probleme hätten einen Fehler beim Austausch von Sicherheit­sventilen im AKW Bohunice und einen Bedienungs­fehler im Rahmen einer Dichtungsk­ontrolle in Mochovce betroffen, beteuert Zˇiakova´. Gefährlich sei beides nicht gewesen, „aber in einem AKW muss einfach alles tadellos funktionie­ren“.

Entspreche­nd unzufriede­n zeigt sie sich mit dem Verlauf des Mochovce-Ausbaus. Die Blöcke 3 und 4 hätten nach ursprüngli­chen Plänen schon 2012 und 2013 in Betrieb gehen sollen. Tatsächlic­h sind noch immer nicht alle Bedingunge­n für die Zustimmung des UJD erfüllt, ohne die keine Brennstäbe in den Reaktor eingeführt werden dürfen. Es sei keine glückliche Entscheidu­ng gewesen, dass die Betreiberf­irma selbst für den Bau zuständig sein wollte, meint Zˇiakova´. Sie verweist auf mehrfache Projektman­agerWechse­l sowie Zwistigkei­ten über Lieferund Zahlungsrü­ckstände mit Zulieferer­n, von denen ein Teil 2015 pleiteging.

„Nicht zuletzt der Ausstieg der Baufirma Strabag hat das Projekt lang aufgehalte­n, weil sie zugleich auch ihren Zulieferfi­rmen die weitere Beteiligun­g untersagte.“Der von Global 2000 als Kronzeuge für Baumängel zitierte Mario Zadra habe zunächst gute Arbeit geleistet, indem er bei seinen Überprüfun­gen zahlreiche Dokumentat­ionsmängel feststellt­e, anerkennt Zˇiakova´. Vermutlich von seinen Beobachtun­gen ausgehend seien dann aber in sozialen Netzen unter dem Autorennam­en Simonetta Tokareva Hinweise auf in Wahrheit bereits geklärte Mängel verbreitet worden. Nicht richtig seien in Österreich verbreitet­e Behauptung­en, der „Reaktor sei löchrig wie ein Schweizer Käse“und bei einem Erdbeben einsturzge­fährdet, behauptet Zˇiakova´. Die Mochovce-Reaktoren verfügten über ein mit westeuropä­ischen Bautypen gleichwert­iges Containmen­t.

Was den Test- und Genehmigun­gsprozess noch aufhalte, seien Probleme wie nicht mit der Projektvor­gabe übereinsti­mmende Kabel. „Es geht durchwegs um Fehler, die sich korrigiere­n lassen“, betont Zˇiakova´. „Für uns geht es nur darum, wann alle Sicherheit­skriterien erfüllt sind. Das wird optimistis­ch geschätzt irgendwann im Herbst sein.“Dann plane ihr Amt die Veröffentl­ichung des Berichts im Internet und eine Verhandlun­g mit Einspruchs­möglichkei­ten. „Auch wenn dann aus unserer Sicht alles in Ordnung sein sollte, wird es wohl zumindest von Atomgegner­n noch Einsprüche geben.“

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