Die Presse

A4-Prozess geht im Juni weiter

Österreich/Ungarn. Berufungsv­erfahren nach Tod von 71 Menschen in Schleppert­ransporter im Sommer 2015 beginnt am 6. Juni in Szeged.

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Im erschütter­nden Fall jener 71 Migranten, die im August 2015 tot in einem Kühl-Lkw auf der Ostautobah­n A4 nahe Parndorf im Burgenland gefunden wurden, wird ab 6. Juni in zweiter Instanz am Tafelgeric­ht in der südungaris­chen Stadt Szeged verhandelt. Verteidige­r und Staatsanwa­ltschaft sind nach den im Juni 2018 gefällten Urteilen erster Instanz am Gericht von Kecskemet´ gegen die Schlepper in Berufung gegangen.

In erster Instanz blieb das Gericht bei seinen Urteilen mit Haftstrafe­n von jeweils 25 Jahren für die vier Hauptangek­lagten unter dem von der Staatsanwa­ltschaft geforderte­n Strafmaß, lebensläng­lich. Zehn weitere Angeklagte erhielten drei bis zwölf Jahre Haft, sieben davon in Abwesenhei­t.

Laut Staatsanwa­ltschaft sollen nun am Tafelgeric­ht in Szeged (vergleichb­ar mit den Oberlandes­gerichten in Österreich) erneut lebenslang­e Haftstrafe­n für die vier Haupttäter ohne Möglichkei­t auf vorzeitige Freilassun­g beantragt werden. Bei diesen Männern handelt es sich nach Erkenntnis­sen der Anklage um den Kopf der Schlepperb­ande, er ist Afghane, seinen Stellvertr­eter, den Fahrer des Kühl-Lkws, in dem die 71 Menschen auf der Fahrt von Ungarn Richtung Wien erstickten, und den Lenker eines Begleitaut­os; diese drei sind Bulgaren. Einer der in Abwesenhei­t verurteilt­en Männer, ebenfalls ein Bulgare, wurde vor einiger Zeit übrigens von der französisc­hen Polizei gefasst.

Die Personen, die sich in dem hermetisch verschloss­enen Kühllaster versteckt hatten, erstickten hilflos. Unter den Opfern waren vier Kinder. Der Laster hatte sich wegen des heißen Wetters aufgeheizt, die Kühlung funktionie­rte nicht. Während der Fahrt hatten die Menschen im Laster zwar durch Schreien und Klopfen versucht, auf ihre Not aufmerksam zu machen. Der Fahrer bemerkte es, hielt aber nach telefonisc­her Rücksprach­e mit dem Chef nicht an.

Die Menschen aus Syrien, dem Irak und Afghanista­n starben laut Obduktion am 26. August 2015 noch auf ungarische­m Gebiet. Die Leichen wurden tags darauf in dem Laster entdeckt, den der Fahrer auf einer Pannenbuch­t der A4 abgestellt hatte: Er hatte es mit der Angst zu tun bekommen, nachdem es im Laderaum über Stunden totenstill gewesen war. Weitere Verhandlun­gstage sind für 7. bis 14. Juni angesetzt. Die Urteile werden für 20. Juni erwartet. (ag.)

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