Trump zwingt Huawei in die Knie
Handelsstreit. Nach Google wendet sich auch die britische Chipschmiede ARM von Huawei ab. Peking ist alarmiert und ruft zu Tech-Autarkie auf.
Wien/Shenzhen. Seit Monaten macht US-Präsident Donald Trump Stimmung gegen Huawei. Spionage, „Kill Switches“und absichtlich eingebaute Sicherheitslücken in der Software, die Liste der Vorwürfe ist lang. Und dass die USA den weltweit größten Netzwerkausrüster samt seiner Tochterfirmen vergangene Woche auf eine schwarze Liste gesetzt haben, führt in China zu einer rhetorischen Eskalationsspirale. Dabei ist die Stimmung seit dem Scheitern der Handelsgespräche Anfang Mai ohnehin aufgeheizt.
Am Donnerstag gipfelte Chinas Unmut in einer offiziellen Protestnote durch das Pekinger Handelsministerium. Schon zuvor hatte Außenminister Wang Yi den USA „wirtschaftliches Mobbing“vorgeworfen, um Chinas Wachstumskraft einzudämmen. Ähnliche Worte wählte das Pekinger Propagandasprachrohr „People’s Daily“in seinem Leitartikel von Mittwoch.
Zwar konnten die US-Geheimdienste die Vorwürfe gegen Huawei nie offiziell nachweisen. Dennoch verlangte Trump einen weltweiten Boykott des chinesischen Tech-Riesen beim Ausbau der nächsten Mobilfunkgeneration 5G. Ein Aufruf, dem selbst US-Verbündete nicht nachkamen. Indem er nun allen US-Unternehmen eine Zusammenarbeit mit Huawei verbietet, greift Trump zu einem noch drastischeren Mittel.
ARM-Abkehr überraschend
Schon am Montag wandten sich US-Firmen, unter anderem Google, zwangsweise von dem chinesischen Konzern ab. Die Nummer zwei auf dem Smartphone-Markt darf daher das Betriebssystems Android in neuen Geräten nicht mehr nutzen. Doch das ist für die Chinesen bei Weitem nicht der schwerste Schlag. Hinter verschlossenen Türen tüftelt Huawei seit einigen Jahren ohnehin an seiner Android-Alternative Hongmeng.
Am Mittwoch hat auch der Prozessorenhersteller ARM seine Partnerschaft mit Huawei aufgekündigt. Eigentlich sitzt das Unternehmen in Großbritannien und gehört zum größten Teil der japanischen Softbank. Aber: Da ARM-Chips auch US-Technologie beinhalten, befürchtet der Hersteller, dass die US-Verordnung greifen könnte. Immerhin besitzt die Chipschmiede auch Entwicklungs- und Forschungsabteilungen in Austin (Texas) und San Jose´ (Kalifornien).
Huawei ist mit seinem Tochterunternehmen, dem HalbleiterProfi Hisilicon, seit 28 Jahren aktiv in der Prozessor-Entwicklung tätig und dabei essenziell von ARM abhängig – wie nahezu alle Smartphonehersteller. Alternativen gibt es nicht, denn derzeit bauen sämtliche Handyprozessoren auf der ARM-Technologie auf.
Aktuelle Geräte sind von dem Bann noch ausgenommen. Huawei kann den Prozessor Kirin 980, den es in der P30-Serie einsetzt, daher noch weiter verwenden. Das bedeutet auch, dass Huaweis erstes faltbares Smartphone, das Mate X, vorerst nicht betroffen ist. Die für Oktober erwarteten MateSmartphones mit dem Prozessor Kirin-985 sind ebenfalls sicher. Doch Anfang 2020 ist Schluss.
Dass China in seinem technologischen Fortschritt noch von ausländischem Know-how abhängig ist, dessen ist sich die Führung in Peking bewusst. Nicht zufällig rief Chinas Staats- und Parteichef, Xi Jinping, seine Landsmänner bei einer hoch symbolischen Reise nach Jiangxi zu Autarkie und technologischer Innovation in Kerntechnologien auf. In der ostchinesischen Provinz hatte die Rote Armee 1934 ihren Langen Marsch gestartet. Der verlustreiche Rückzug vor den Truppen der nationalistischen Guomindang wurde zum Gründungsmythos für die Kommunistische Partei.
Druckmittel seltene Erden
Xis dramatischer Aufruf ist nicht nur in Zusammenhang mit Huawei zu sehen. Als Bühne seines Appells wählte er das Unternehmen JL Mag Rare-Earth, einen der größten Verarbeiter seltener Erden. Die aus 17 Metallen bestehende Gruppe ist vor allem im Hightechbereich zentral: Automobil- und Flugzeugindustrie, Fotovoltaik, Computer- oder Smartphoneproduktion kommen nicht ohne den wertvollen Rohstoff aus.
China hat eine Monopolstellung. Mehr als 90 Prozent der weltweit produzierten seltenen Erden stammen aus der Volksrepublik. Nicht zufällig haben die USA die Metalle noch nicht auf ihre Zollliste für Importe aus China gesetzt. So wird der Rohstoff zu Xis wichtigstem Druckmittel im Handelsstreit: Peking könnte den Export seltener Erden in die USA verbieten. Und Apple und Dell maßgeblich schaden.
Währenddessen steht Huawei ohne Prozessoren da. Eine Eigenentwicklung ist möglich, aber zeitintensiv. Damit schadet US-Präsident Trump Huawei und den Kunden massiv. Diese können ihre Geräte zwar vorerst weiter nutzen. Spätestens beim nächsten großen Software-Update ist Huawei nicht mehr inkludiert. Android Q wird es nicht mehr auf diese Geräte schaffen. Solang die Software-Versorgung nicht geklärt ist, ist der Kauf von Huawei-Geräten mit einem großen Risiko verbunden.