Die Revolution in spannenden 90 Minuten
Gottfried von Einems „Dantons Tod“als starker heimischer Beitrag zum 150-Jahr-Jubiläum der Staatsoper.
Die Premiere war im Vorjahr eine gelungene Ehrenrettung, nun erweist Gottfried von Einems Büchner-Oper „Dantons Tod“in teilweise veränderter Besetzung im Repertoire ihre eminente Schlagkraft. Die Szenen verdichten sich unter Michael Boders straffer Führung zum atemberaubenden Revolutionspandämonium, in dem jegliche subjektive menschliche Regung zwischen den Attacken der aufbegehrenden Chormassen zerrieben wird.
Da spielt der Staatsopernchor, angefeuert von vorschriftsmäßig aggressiven philharmonischen Attacken, seine große Rolle. Nur einer wirkt ganz irreal-traumverloren im tosenden Hexenkessel: der Robespierre von Thomas Ebenstein, dessen magischer Auftritt von Josef Ernst Köpplinger auch entsprechend inszeniert wurde. Die Menschen weichen fasziniert zurück vor der geradezu außerirdisch unwirklichen Heilsbotschaft – hinter der doch beinhartes Kalkül steckt.
Robespierres Handlanger und Einpeitscher sind die gleichen geblieben, Clemens Unterreiners Hermann und Wolfgang Bankls verschlagen-hinterhältiger Simon, der nicht nur Lydia Rathkolbs „Weib“übel zusetzt. Neu ist Peter Kellner als Saint-Just, neu und ebenso bemerkenswert schlagkräftig sind der Titelheld und seine Begleiter: Tomasz Konieczny ist nun Danton – und verleiht dem wortgewandten Agitator jene Unerschrockenheit und jenen Aplomb, der in einem mitreißenden Auftritt vor dem Tribunal gipfelt. Dieser Gewaltmensch sieht sich von Gleichgesinnten umgeben: Michael Laurenz als Herault´ de Sechelles´ ist so wenig auf den Mund gefallen wie der Camille Desmoulins von Benjamin Bruns, der uns begreifen lässt, dass alle am Spiel Beteiligten keine milden Klosterbrüder sind.
Und doch: Im Dialog mit Olga Bezsertnas sensibler Lucille entfaltet Bruns auch lyrische Qualitäten – von Einems Musik kennt ja auch die stillen Momente, die Ruhepunkte, die ein solches Drama braucht. Wie schon bei der Premiere bilden Lucilles introvertierte Monologe die innerlichen Höhepunkte des Abends, der sich als idealer Rückgriff auf die jüngere österreichische Operngeschichte in die 150-Jahr-Feiern fügt.