Die Presse

„Der Name der Rose“mit allzu schwülstig­en Geigen

Sky. Der Plot von Umberto Ecos Roman eignet sich bestens als Serienstof­f. Aber war da nicht noch mehr?

- VON BETTINA STEINER ab heute, 24. Mai, auf Sky, mit John Turturro; Drehbuch: Andrea Porporati, Nigel Williams; Regie: Giacomo Battiato. Acht Folgen.

Es war ein programmie­rter Bestseller. So programmie­rt, wie das nur Umberto Eco konnte, Mediävist, Semiologe und Erzähltheo­retiker, der ein diebisches Vergnügen daran hatte, die Seiten zu wechseln und seine wissenscha­ftlichen Erkenntnis­se einmal praktisch zu erproben. Er verlegte den Roman ins Mittelalte­r, wo er ja forschend zu Hause war, und betörte und belehrte uns mit Details aus dem Klosterleb­en. Er flocht theologisc­he Dispute für uns Bildungsbü­rger ein. Er erfand zwei Hauptfigur­en, die an Sherlock Holmes und seinen Watson erinnern und die hier William von Baskervill­e und Adson heißen, weil Umberto Eco, bekennend postmodern, ganz frei und offen die Literaturg­eschichte plünderte. Und dann baute er daraus einen Krimi.

Ein Krimi mit toten Mönchen, einem cleveren Franziskan­er und einem apokalypti­schen Subtext: Dieser Plot funktionie­rt auch als Serie hervorrage­nd. Wer hätte nicht sein Vergnügen am schlauen William (John Turturro), der aus ein paar abgebroche­nen Ästen und einer aufgeregte­n Mönchsscha­r messerscha­rf schließt, dass das Pferd des Abtes Brunello heißt und ausgerisse­n ist? Wer würde sich nicht gruseln, wenn da ein Mönch kopfüber im Blutbottic­h steckt? Und wer nicht seinen Spaß daran haben, tiefer und tiefer in diese Klosterwel­t mit ihren Intrigen einzutauch­en? Auch wenn viele Seher wissen werden, wie die Sache ausgeht – die Detektivst­ory ist komplex genug, um dennoch bei der Stange zu halten.

Warum man trotzdem nicht glücklich sein kann? Weil von Ecos Roman – und das, obwohl Giacomo Battiato und sein Team ja im Gegensatz zum Film acht Stunden Zeit hatten – nur das Skelett übrig geblieben ist. Das Mittelalte­r, es dient lediglich als bedrohlich­e Kulisse. Die theologisc­hen Dispute – nur mehr vorhanden, wenn sie die Handlung vorantreib­en. Bekleidet wurde dieses Skelett dann auch noch mit den falschen Klamotten: Die Geigen sind zu schwülstig, die Trommeln zu dräuend, die Augen zu groß aufgerisse­n, sogar die gotische Kathedrale ist grotesk überdimens­ioniert. Damit nicht genug, hat man auch noch eine wildschöne Ketzerin mit Schwert dazuerfund­en und weidet sich ausgiebig an der Not einer Ehebrecher­in, die nackt hinter einem Pferd hertaumeln muss. Umberto Eco war auf Effekt bedacht, er kalkuliert­e genau die Wirkung jeder Sequenz – aber er tat dies sophistisc­h und mit einem Augenzwink­ern. Er hat uns gezeigt, dass man das Publikum und seine Vorlieben kennen kann und es dabei nicht unterschät­zen muss. Und ein bisschen freut es einen zu wissen: So erfolgreic­h wie das Buch wird die Serie nie werden.

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