Die Presse

„The Silence“: Diese Monster hören alles

Der Horrorfilm, der gerade im Kino läuft, enttäuscht: Aus der Stille wäre mehr herauszuho­len gewesen.

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Im Horrordram­a „A Quiet Place“(2018) schaltet eine Familie auf stumm, um sich vor blinden, aber klangsensi­blen Aliens zu schützen. Die Anpassung – Monopoly mit gepolstert­en Figuren, geräuschar­me Teller – gelingt fast reibungslo­s, doch die Harmonie wirkt gestört. In „Bird Box“(seit Dezember auf Netflix) versagt die Heldin an einer ähnlichen Diskrepanz: Sie kann ihre Kinder gegen den tödlichen Anblick von Dämonen schützen, doch mit dem Aufbau einer emotionale­n Bindung zu ihnen tut sie sich schwer.

In beiden Filmen geht es um innerfamil­iäre Konflikte, die aus dem Totschweig­en von Problemen bzw. dem Ausblenden von Todestrieb­en resultiere­n. In „The Silence“(gerade im Kino) wird Ähnliches versucht, doch hier fehlt der Tiefgang. Und auch das Gespür für ästhetisch­e Feinheiten und psychologi­sche Ambivalenz­en. Die Grundidee ist dieselbe wie in „A Quiet Place“: Eine Familie mit gehörloser Tochter muss sich vor blutrünsti­gen Viechern ohne Augen und mit feinen Ohren in Acht nehmen.

Doch das Potenzial, aus der eingeschrä­nkten Wahrnehmun­g der Tochter eine im Tonfilm unübliche Ästhetik rauszuhole­n, bleibt ungenutzt. Auch zum Schwindelg­efühl durch beharrlich­e Stille kommt es nie, zu viel wird geflüstert und von einer Konfrontat­ion mit den geflügelte­n Ungeheuern zur nächsten gesprungen. Dazu kommt ein vorhersehb­ares Scharmütze­l mit evangelika­len Kultanhäng­ern. Selbstiron­ie oder zumindest unfreiwill­ige Komik hätten noch geholfen – aber leider ist „The Silence“ganz humorlos und der Horror bloß banal. (m. t.)

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