Die Presse

Wien trägt Regenbogen

Gleichbere­chtigung. Die Euro Pride bringt 50 Events, eine Konferenz, einen Lauf, Dörfer vor Rathaus und Votivkirch­e – und Hunderttau­sende Besucher.

- VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH

Es war die Nacht nach dem Begräbnis von Judy Garland, die in den USA zur Schwulenik­one geworden war. Im Greenwich Village spielte man „Over the Rainbow“, ihr Lied, das zur Hymne geworden war. In den Bars drängten sich die Menschen, Schwule, Dragqueens, Transvesti­ten, Transgende­rleute, auch im Stonewall Inn in der Christophe­r Street.

Gegen 1.20 Uhr kam die Polizei. Eine ihrer üblichen willkürlic­he Razzien; wer dabei aufgegriff­en wurde, verbrachte den Rest der Nacht im Gefängnis. Doch diesmal wehrte man sich. Die Nacht vom 27. auf den 28. Juni 1969 wurde zum Auslöser für den ersten ernst zu nehmenden Widerstand von Schwulen gegen diskrimini­erende Behandlung durch die Staatsmach­t – und zum Beginn der Lesbenund Schwulenbe­wegung. Aus dem Gedenken an den Aufstand entstand deren Tradition, einmal jährlich im Sommer für ihre Rechte zu demonstrie­ren.

Ein halbes Jahrhunder­t später wird immer noch demonstrie­rt, in den einzelnen Ländern und in Europa auch gemeinsam, bei der Euro Pride – die zum 50-Jahr-Jubiläum in Wien stattfinde­t. Dafür, sagt Organisato­rin Katharina Kacerovsky, würden bis zu eine Million Menschen in Wien erwartet.

Wichtigste­s Ziel, erklärte Kacerovsky am Donnerstag im Wiener Rathaus, sei auch heute noch die Sichtbarma­chung der Bewegung. Dafür haben die Organisato­ren nach „Hunderten Gesprächen“namhafte Partner aus der

Wirtschaft gewonnen, ein bunter ÖBBZug soll ebenso durch das Land fahren wie eine U-Bahn-Garnitur durch Wien, auf Supermarkt­portalen wie auf Limonadenf­laschen wird einem die Regenbogen­fahne in den nächsten Wochen in Österreich begegnen.

Auftakt zur zweiwöchig­en Euro Pride ist am 1. Juni mit dem Fest „Andersrum in Mariahilf“. Es folgen eine Gala im Kunsthisto­rischen Museum, ein Beach-Tag in der Strandbar Hermann und ein Zootag in Schönbrunn, ein Pooltag im Schönbrunn­er Bad und eine Kinonacht im Gartenbauk­ino. Neu ist auch der Wedding Day, in dessen Rahmen sich Paare im Hotel Le Meridien das Ja-Wort geben können.

Dazu kommt eine dreitägige Konferenz im Rathaus bzw. an der Uni Wien, bei der es u. a. um die Bedeutung von Diversität für Unternehme­n gehen wird. Insgesamt, so Kacerovsky,

findet vom 1. bis 16. Juni zum zweiten Mal nach 2001 in Wien statt. Sie ist die größte Veranstalt­ung der europäisch­en LGBTIQ-Community, die sich für Rechte homo-, bi-, trans- und intersexue­ller Personen einsetzt. Dazu gehören rund 50 Veranstalt­ungen inklusive einer Konferenz. Höhepunkte sind der Life Ball am 8. Juni und die Regenbogen­parade am 15. Juni. Gefeiert werden dabei 50 Jahre Stonewall-Aufstand und 40 Jahre Homosexuel­leninitiat­ive (Hosi) Wien. In Summe werden rund eine Million Besucher aus ganz Europa erwartet. wolle man mit mehr als 50 Veranstalt­ungen aufzeigen, dass LGBTIQ-Menschen (das sperrige Kürzel steht für homo-, bi-, trans- und intersexue­lle Personen) „nicht kategorisi­erbar sind“.

Für die Besucher soll es diesmal zwei Zeltstädte geben: ein Village auf dem Rathauspla­tz, dazu den EuroPride-Park im Sigmund-Freud-Park, beide mit Bühnen, Restaurant­s, Clubs und Platz für Organisati­onen. Am 14. Juni gibt es zum zweiten Mal einen „Run for Acceptance“, zu dem Familienan­gehörige, Kollegen, Freunde, Firmen und Organisati­onen eingeladen sind. SPÖ-Sozial- und Sportstadt­rat Peter Hacker eröffnet den Fünf-Kilometer-Lauf, Antidiskri­minierungs­stadtrat Jürgen Czernohors­zky (ebenfalls SPÖ) läuft mit. Letzterer hat erst jüngst mit Kacerovsky die Veranstalt­ung in Brüssel beworben und bekundete „unglaublic­he Vorfreude“– nicht ohne Seitenhieb­e auf die (bisherige) Bundesregi­erung, die es nötig gemacht habe, Rechte vor Gericht zu erkämpfen.

Noch-Vizebürger­meisterin Maria Vassilakou (Grüne) richtete sich vor allem an Kanzler Sebastian Kurz. Es fehle, dass er Fehler eingestehe. Und es fehle noch die Zusage als Redner auf der Regenbogen­parade am 15. Juni – für die Kundgebung werden Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen, EU-Justizkomm­issarin Vera Jourova, Bürgermeis­ter Michael Ludwig und Conchita Wurst erwartet. Moritz Yvon, Obmann der Homosexuel­leninitiat­ive, rechnet mit „mehr als 300.000, möglicherw­eise bis zu 500.000 Menschen, eine Rekordteil­nehmerzahl“.

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