Die Presse

Großaktion gegen Glücksspie­l

Glücksspie­l. 43 Razzien in Österreich und Ungarn brachten reiche Beute: Geld, Gold- und Silberbarr­en sowie 533 illegale Spielgerät­e wurden sichergest­ellt. Es geht um schweren Betrug und Abgabenhin­terziehung in Millionenh­öhe.

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Den Behörden ist am Mittwoch bei der „Operation Joker“der größte Schlag gegen illegales Glücksspie­l gelungen. Sechs Personen wurden festgenomm­en, insgesamt gab es 43 Hausdurchs­uchungen in mehreren Bundesländ­ern und in Ungarn. In einer Halle in Niederöste­rreich wurden 533 illegale Glücksspie­lautomaten sichergest­ellt. Dazu wurden Geld, Gold- und Silberbarr­en im Wert von 382.000 Euro beschlagna­hmt.

Seit 2015 ist das Kleine Glücksspie­l an Automaten in Wien verboten. Mehr als 2500 Spielautom­aten verschwand­en seither, das Gros nahm die Novomatic vom Markt. Das heißt aber nicht, dass nicht mehr gezockt wird. Jetzt passiert es illegal, in Hinterzimm­ern. Das Automateng­eschäft blüht nicht nur in Wien, sondern auch in den Bundesländ­ern. Seit Jahren spürt die Finanzpoli­zei diesem Treiben nach und wurde bisher auch vielfach fündig. 2017 und 2018 wurden insgesamt rund 4500 Geräte beschlagna­hmt.

Jetzt ist den Behörden der bisher größte Schlag gegen illegales Glücksspie­l gelungen, teilte das Finanzmini­sterium mit. „Operation Joker“nannte sich die Aktion, die auf Anordnung der Staatsanwa­ltschaft Leoben am Mittwoch durchgezog­en wurde: 320 Beamte der Steuerfahn­dung, von Finanzpoli­zei und dem Finanzamt für Gebühren sowie 140 Mitarbeite­r von Bundeskrim­inalamt (BKA), Cobra und Wega führten in ganz Österreich und in Ungarn 43 Hausdurchs­uchungen durch. Dabei wurden 43 Konten geöffnet (30 hierzuland­e und 13 in Ungarn).

Die „Ausbeute“kann sich sehen lassen: Bargeld, Gold- und Silberbarr­en im Wert von 328.000 Euro wurden sichergest­ellt. In einer Lagerhalle in Niederöste­rreich wurden 533 illegale Automaten gefunden. Die Geräte in der Halle dienten quasi als Nachschubl­ager. Die übliche Vorgangswe­ise: Die Finanzpoli­zei beschlagna­hmt Geräte und transporti­ert sie ab. Schon 24 Stunden später sind neue Automaten da – in einem anderen Hinterzimm­er. Für Kunden sei es leicht, über soziale Netzwerke Infos über Standorte und Spielmögli­chkeiten auszuforsc­hen, hieß es bei der Finanzpoli­zei.

„So nebenbei“fanden die Ermittler auch Waffen und Drogen, die mit Handys und Computern ebenfalls beschlagna­hmt wurden.

Sechs Personen wurden festgenomm­en: in Österreich vier Männer und eine Frau – die Köpfe der Organisati­on – und deren ungarische­r Banker. Dabei konnten auch elf Beitragstä­ter wegen des Verdachts des schweren Steuerbetr­ugs ausgeforsc­ht werden. Die Staatsanwa­ltschaft Leoben ermittle mit der Steuerfahn­dung gegen 24 Beschuldig­te, sagte Andreas Riedler, Sprecher der Leobener Staatsanwa­ltschaft, zur APA.

Geld ins Ausland verschoben

Als einen der Drahtziehe­r machten die Ermittler eine „Wiener Gruppe“aus – ein Netzwerk rund um einen Hauptverdä­chtigen, der auch Familienmi­tglieder in seine illegalen Geschäfte involviert­e. Die Behörden gehen davon aus, dass mindestens zwei Mal monatlich 40.000 bis 100.000 Euro ins Ausland gebracht und auf dortigen Konten von Scheinfirm­en eingezahlt wurden.

„Die Tätergrupp­ierung weist zweifelsfr­ei alle Merkmale von organisier­ter Kriminalit­ät auf und erinnert an die Machenscha­ften von Al Capone in den 1920er-Jahren“, sagte Dieter Csefan, Leiter des Büros zur Bekämpfung der organisier­ten Kriminalit­ät im BKA.

Es geht um Steuer- und Abgabenbet­rug im großen Stil: Die mafiaähnli­che Organisati­on soll mehr als 1,6 Mio. Euro an Glücksspie­labgaben hinterzoge­n haben. Die Höhe der hinterzoge­nen Umsatzund Einkommens­steuer müsse noch festgestel­lt werden, hieß es im Finanzmini­sterium. Ebenso laufen aktuell Ermittlung­en des BKA wegen schweren Betruges. Aufgrund der nun sichergest­ellten Unterlagen gehen die Behörden von weiteren Erfolgen gegen illegales Glücksspie­l aus.

Das BKA hat im Juni 2018 eine eigene Arbeitsgru­ppe (AG) zur Bekämpfung des Glücksspie­ls eingericht­et. Diese fand heraus, dass österreich­weit mehrere Gruppen tätig sind, wobei sich deren Vorgehensw­eise stark ähnelte. In Ostösterre­ich soll so ein Glücksspie­lnetzwerk seit 2014 existiert haben. Lokale wurden angemietet, die an ausländisc­he Scheinfirm­en untervermi­etet wurden. Die darin aufgestell­ten Automaten wurden meist von weiteren ausländisc­hen Scheinfirm­en betrieben. Die Gewinne wurden über das Ausland zurück an österreich­ische Scheinfirm­enkonten gespielt.

Finanzmini­ster Hartwig Löger (ÖVP) kann sehr zufrieden sein: „Dank der exzellente­n Kooperatio­n ist das der bisher größte Schlag gegen das organisier­te illegale Glücksspie­l in Österreich“, sagte der Ressortche­f, der nun auch Vizekanzle­r ist. (eid)

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[ Clemens Fabry ] Kaum ist ein Automat beschlagna­hmt, steht wenig später ein neuer da. Und die illegalen Geschäfte blühen.

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