Wie eine Anzeige Erdo˘gans Rivalen ausstechen soll
Das Vorgehen gegen die CHP in Istanbul könnte nach hinten losgehen.
D ass in Wahlkämpfen mit harten Bandagen gekämpft wird, ist nichts Ungewöhnliches. Doch was nun in Istanbul passiert, ist sogar für die Verhältnisse in der Türkei deftig: Die Staatsanwaltschaft fordert eine langjährige Haftstrafe für die Vorsitzende der Oppositionspartei CHP in Istanbul, Canan Kaftancıoglu˘ – wegen angeblicher „Terrorpropaganda“und „Beleidigung des Staatspräsidenten“.
Der wahre Grund für die Anklage ist aber simpler: In der Partei des Präsidenten, Recep Tayyip Erdogan,˘ hat man offenbar Angst – davor, dass Kaftancıoglu˘ erneut in Istanbul einen erfolgreichen Wahlkampf für den CHPBürgermeisterkandidaten Ekrem ˙Imamoglu˘ organisiert. Angst, die wichtige Metropole endgültig an die Opposition zu verlieren.
Es ist nicht das erste Mal, dass Erdogan˘ und seine Regierungspartei das mächtige Instrument Justiz missbrauchen, um gegen politische Rivalen vorzugehen. So sitzen etwa Parteichef Selahattin Demirtas¸ und zahlreiche weitere Funktionäre der linken, prokurdischen HDP seit Jahren im Gefängnis.
Die prokurdische Partei war noch ein einfacheres Opfer. Beim Angriff auf sie hatten auch viele in der CHP weggeschaut oder ihn sogar unterstützt. Doch wenn Erdogan˘ die Justiz nun auf die CHP jagen will, hat er sich einen weit größeren Fisch ausgesucht. Gerade in Istanbul könnte das für ihn nach hinten losgehen.