Die Presse

Cerberus schickt Bawag auf Talfahrt

Donnerstag­abend verkaufte Bawag-Großaktion­är Cerberus knapp zehn Prozent der Bank. Das löste einen Kursrutsch aus. Langfristi­g könnte die Bawag davon aber sogar profitiere­n.

- VON JAKOB ZIRM

Es war ein Deal mit einem Volumen von mehreren hundert Millionen, der in nur wenigen Stunden über die Bühne gebracht wurde. Donnerstag­abend – kurz nach Börseschlu­ss – gab BawagGroßa­ktionär Cerberus bekannt, Aktien der Bank im Ausmaß von 350 Mio. Dollar verkaufen zu wollen. Genutzt wurde dazu ein sogenannte­s Accelerate­d Bookbuildi­ng. Dabei werden die Aktien außerhalb der Börsenöffn­ung institutio­nellen Investoren angeboten, meist handelt es sich dabei um bestehende Aktionäre des betreffend­en Unternehme­ns. Aus den Angeboten dieser eingeschrä­nkten Gruppe ergibt sich der Preis.

Dieser wurde Freitagfrü­h, kurz bevor die Börse wieder öffnete, bekannt. Er lag mit 36 Euro deutlich unter dem Schlusskur­s vom Donnerstag, der bei knapp über 40 Euro je Bawag-Papier lag. Die Folge war ein regelrecht­er Kursrutsch im Ausmaß von zeitweise mehr als acht Prozent. Innerhalb weniger Minuten wurden die Zugewinne der vergangene­n Wochen wieder zunichtege­macht, und die Bawag notierte mit etwa 37 Euro auf dem Niveau vom Februar.

Für Bawag-Anleger stellt sich nun die Frage, wie sie den plötzliche­n Teilaussti­eg des Großaktion­ärs zu diesem Preis interpreti­eren sollen. Bei der Bawag und bei Cerberus will man sich dazu nicht äußern. Beobachter spekuliere­n jedoch, dass es wohl weniger mit der Bawag als mit einem möglichen anderen Investment von Cerberus zusammenhä­ngen dürfte, für das schnell Kapital benötigt wurde.

„Ein Abschlag ist bei einem solchen Verkaufspr­ozess nicht ungewöhnli­ch, besonders bei einem Transaktio­nsvolumen in dieser Größenordn­ung“, meint dazu Thomas Unger, Analyst bei der Erste Group. „Dieser Abschlag ist aber doch relativ hoch“, ergänzt Stefan Maxian, der die Bawag für die Raiffeisen Centrobank analysiert. Dass es zu einem Verkauf gekommen ist, war für Maxian jedoch grundsätzl­ich nicht überrasche­nd. Das habe sich schon seit Längerem angekündig­t.

Für die bestehende­n Aktionäre ist das aktuelle Kursniveau wahrschein­lich frustriere­nd. Für Interessen­ten könnte es aber ein guter Zeitpunkt zum Einstieg sein, sind sich die beiden Analysten einig. Denn grundsätzl­ich habe die Bawag zuletzt ordentlich­e Quartalsza­hlen vorgelegt und auch eine ansprechen­de Dividende gezahlt.

Zudem könnte der aktuelle Teilaussti­eg von Cerberus – der US-Fonds hält nach wie vor rund ein Viertel der Aktien und zusammen mit dem zweiten Großaktion­är Golden Tree etwa die Hälfte – langfristi­g sogar gut für die BawagAktie sein. „Der Streubesit­z sollte durch die Transaktio­n steigen. Das erhöht die Liquidität und macht die Aktie auch für größere internatio­nale Fonds attraktive­r“, so Unger. Und auch für die Aufnahme in Indizes – die dann wiederum von ETFs gefolgt werden – sei ein höherer Free-Float von Vorteil.

Außerdem plant die Bawag ein Aktienrück­kaufprogra­mm im Ausmaß von bis zu 400 Mio. Euro. Dieses wurde von der Hauptversa­mmlung bereits abgesegnet und muss nur noch von den Regulatore­n genehmigt werden. Das Verfahren dürfte dem Vernehmen nach noch bis zum Ende des Hochsommer­s dauern, dann wäre jedoch eine Durchführu­ng wahrschein­lich. Der Kurs sollte von diesem Rückkauf auf jeden Fall profitiere­n, erwarten die Analysten. Und für Cerberus ist es eine erneute Möglichkei­t, Kasse zu machen. Denn der Rückkauf soll „pro rata“erfolgen. „Cerberus und Golden Tree könnten also die Hälfte des Gesamtvolu­mens verkaufen“, so Maxian.

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[ Reuters ]
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