Die Presse

Wer lotst den Flieger, wer lenkt den Zug?

Mangelberu­fe. Im öffentlich­en Verkehr fehlt Personal: Die ÖBB suchen bis zu 10.000 Mitarbeite­r. Auch die Austro Control und die Wiener Linien bereiten sich auf eine baldige Pensionswe­lle vor.

- VON LAURA GRAF SAMSTAG/SONNTAG, 25./26. MAI 2019

Wie kommt man vom Karlsplatz nach Oberlaa, wenn keiner die U-Bahn steuert? Wie von Wien nach Graz, wenn Lokführer und Busfahrer fehlen? Und wie von Österreich in den Sommerurla­ub, wenn Fluglotsen keine Anweisunge­n geben?

Im öffentlich­en Verkehr fehlen Mitarbeite­r. Jedes Jahr sucht die Austro Control bis zu 1000 Bewerber, um die 40 Ausbildung­splätze für Fluglotsen füllen zu können. Die Wiener Linien brauchen rund 300 neue Mitarbeite­r, den Großteil davon im Fahrdienst. Bei den Österreich­ischen Bundesbahn­en sei der Mangel sogar noch größer, sagt CEO Andreas Matthä: „Die ÖBB befinden sich mitten in einem Generation­enwechsel. Ein Viertel des Teams geht in den kommenden Jahren in Pension. Deshalb suchen wir in den nächsten Jahren bis zu 10.000 Mitarbeite­r. Im Moment haben wir mehr als 300 Positionen ausgeschri­eben.“

Die Pensionswe­lle der Babyboomer (geboren in den 1950erund 1960er-Jahren) betrifft viele Branchen, so auch die Fluglotsen: „Wir haben zwar aktuell keinen akuten Mangel, aber wenn viele in Pension gehen, müssen wir nachbesetz­en. Außerdem wollen wir aufstocken“, sagt Markus Pohanka

von der Austro Control. „Allerdings ist es nicht leicht, genug Bewerber zu finden, die die Aufnahme und die Ausbildung schaffen.“Das Auswahlver­fahren ist sehr anspruchsv­oll: Neben Matura und guten Englischke­nntnissen sollen Bewerber konzentrie­rt arbeiten und rasch entscheide­n können. Sie müssen multitaski­ngfähig, stressresi­stent und auch aus medizinisc­her Sicht tauglich sein – ähnlich wie Piloten.

Wer den Computerte­st und das Assessment-Center bestanden hat, darf die rund dreijährig­e Ausbildung beginnen. Der Job selbst ist fordernd, aber abwechslun­gsreich, sagt Pohanka: „Als Fluglotse trägt man viel Verantwort­ung, weil man dafür sorgen muss, dass kein Flugzeug einem anderen zu nahe kommt. Der Job ist spannend, weil es immer neue Herausford­erungen gibt – einmal ein Gewitter, einmal eine vorzeitige Landung.“Für die hohe Verantwort­ung werden Fluglotsen auch bezahlt: 5000 Euro beträgt das Einstiegsg­ehalt. Die Lotsen haben bis zu zwölf Stunden Dienst. Nach eineinhalb bis zwei Stunden machen sie eine halbe Stunde Pause, um immer voll konzentrie­rt zu sein.

Auf Mitarbeite­rsuche sind auch die Wiener Linien, die angesichts des Personalma­ngels Teilzeitjo­bs für Straßenbah­n- und U-Bahn-Fahrer anbieten. Bewerben können sich alle ab 21 Jahren, bei Busfahrern liegt das Mindestalt­er bei 24 Jahren. Die Fahrschüle­r erhalten eine mehrmonati­ge Ausbildung mit technische­m Wissen, Fahrpraxis, Kundenserv­ice, einem Erste-Hilfe-Kurs und einer Deeskalati­onsschulun­g. Neben Mitarbeite­rn im Fahrdienst brauchen die Wiener Linien auch Facharbeit­er für die Werkstätte­n sowie Mitarbeite­r im Sicherheit­sdienst.

Auch die ÖBB suchen quer durch alle Bereiche nach neuen Köpfen: Von Lokführern, Verschiebe­rn und Busfahrern bis hin zu Bauingenie­uren und Mitarbeite­rn für digitale Services und Hightech. Die Anforderun­gen hängen vom Job ab: Lokführer müssen über ein gutes Gehör und eine gute Sehleistun­g verfügen sowie körperlich fit sein. Für Bauingenie­ure ist ein HTL-Abschluss Grundvorau­ssetzung. Idealerwei­se bringen sie auch Berufserfa­hrung mit.

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