„Es gibt nur einen Werner Kogler“– der reanimiert die Grünen
Platz vier. Die Partei gewinnt viele Wähler zurück. Sie verliert damit aber ihren Chef. Wird Werner Kogler trotz Neuwahl wirklich nach Brüssel gehen?
„Es gibt nur einen Werner Kogler, einen Werner Kooogler, nur einen Werner Kogler“: Die Grünen-Funktionäre feierten, sangen und schwenkten ihre grünen Europafahnen, als Spitzenkandidat Werner Kogler ins Metropol kam. Er nützte die ausgelassene Stimmung, zog sein Sakko aus und tanzte mit Sarah Wiener.
Die Grünen hatten ab der ersten Trendprognose allen Grund dazu. Mit 13,1 Prozent fuhren sie das zweitbeste Ergebnis, das die Grünen je bei einer bundesweiten Wahl erreichten, ein. Nur bei der EU-Wahl 2014 war man noch etwas stärker.
Ein Jahr und sieben Monate nachdem die Grünen aus dem Nationalrat fielen, erlebten sie am Sonntag ihre politische Wiederauferstehung. Die Partei hatte wenig Geld, aber viel Gespür für den Wahlkampf. Man hat jene Menschen, die das Ausscheiden der Grünen aus dem Nationalrat nach fast 31 Jahren dann doch schmerzte, mit provokanten Sprüchen angelockt. „Wer braucht schon Frieden?“oder „Wer braucht schon Klimaschutz. Du?“wurden die Wähler gefragt und zur Rückkehr aufgefordert.
Grüne Bodenständigkeit
Neben dieser Chance der Wiedergutmachung für den Wähler hat den Grünen die thematische Großwetterlage Rückenwind beschert. Die junge Schwedin Greta Thunberg hat mit ihrer „Fridays for Future“-Bewegung den Klimaschutz auch in den Fokus vieler Österreicher gerückt. Das hat die Parteien reihenweise zur Naturliebhaber-Inszenierung veranlasst. Abgenommen hat man das wohl am ehesten den Grünen.
Die Partei hat personell alles auf eine Karte gesetzt und den Grünen-Chef selbst in das Rennen um einen Sitz im EU-Parlament geschickt. Der Wahlkampf sollte ihm und damit der im öffentlichen Diskurs nahezu gänzlich verschwundenen Partei eine Bühne bieten. Die Strategie ging auf. Werner Kogler tourte von Stammtischen und Kirtagen zu Podiumsdiskussionen und TV-Auftritten. Dort punktete der 57-jährige Steirer mit Dialekt, da mit Sachkenntnis und wetterte überall gegen „die rechtsrabiate Rasselbande“und die „durchgeknallte Konzernlogik“. Der bodenständige Kolger verdrängte das Bild der abgehobenen und moralisierenden Grünen zusehends.
Und so saß er gedanklich schon im klimafreundlichen Zug nach Brüssel bzw. Straßburg. EUAbgeordneter und Parteichef „das geht sich gut aus“, sagte Kogler und bis zu den nächsten Nationalratswahlen werde es ohnehin noch dauern.
Bei der Reise ins EU-Parlament hat niemand mit dem innenpolitischen Zwischenstopp auf Ibiza gerechnet. Dass ein Skandalvideo auftaucht, das Vizekanzler HeinzChristian Strache zum Rücktritt zwingt, die türkis-blaue Koalition platzen lässt und Neuwahlen auslöst, damit hat niemand gerechnet. Auch kein grüner Stratege.
Die Partei könnte nun schon viel früher als gedacht wieder in den Nationalrat einziehen. Doch wen werden die Grünen ab Montag, ab dem Tag nach der EU-Wahl, in die erste Reihe stellen? „Ich werde das Mandat sicher annehmen“, sagte Kogler im Wahlkampf stets. Doch das war vor Ibiza.
Unter den Grün-Anhängern, die sich am Sonntag im Metropol versammelten, klang das schon anders: Ob Kogler auch Spitzenkandidat für die Nationalratswahl im Herbst werde, müssten die Gremien entscheiden, hieß es da.