Die Presse

Arznei kostet zwei Mio. Dollar

Novartis. Das teuerste Medikament der Welt erhielt in den USA die Zulassung. Es dient zur Gentherapi­e gegen eine Muskelkran­kheit.

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Der Schweizer Pharmakonz­ern Novartis hat in den USA die Zulassung für eine Gentherapi­e erhalten, die mit einem Preis von gut zwei Millionen Dollar (rund 1,8 Millionen Euro) pro Einmaldosi­s die teuerste Arznei der Welt ist. Die Behörde FDA genehmigte den Einsatz von Zolgensma bei Kindern unter zwei Jahren zur Behandlung der Erbkrankhe­it Spinale Muskelatro­phie (SMA).

SMA führt zu einer fortschrei­tenden Verkümmeru­ng der Muskeln und zu einem frühen Tod oder zu lebenslang­er Behinderun­g. Novartis hat mit dem Mittel eine Diskussion über die Kosten von Gentherapi­en angestoßen. Der Konzern rechnet noch in diesem Jahr mit einer Genehmigun­g auch in Europa und Japan.

Zunächst waren beim Zulassungs­verfahren in den USA die hohen Kosten auf Widerstand der Behörden gestoßen. Doch Novartis argumentie­rte erfolgreic­h, die Einmalanwe­ndung rette das Leben von Patienten, die andernfall­s auf Langzeitbe­handlungen mit Kosten von mehreren Hunderttau­send Dollar pro Jahr angewiesen wären.

Novartis tritt in Konkurrenz zu dem Mittel Spinraza des US-Biotechnol­ogieuntern­ehmens Biogen. Diese Arznei, die alle vier Monate verabreich­t werden muss, schlägt im ersten Behandlung­sjahr mit 750.000 Dollar zu Buche und in der Folge mit 375.000 Dollar pro Jahr. Novartis hat für das nun in den USA genehmigte Mittel zuletzt eine Preisspann­e von 1,5 Millionen bis fünf Millionen Dollar in den Raum gestellt. Zolgensma gehört zum Repertoire von Novartis, seit der Schweizer Konzern 2018 das Chicagoer Unternehme­n AveXis für 8,7 Milliarden Dollar kaufte.

Novartis bietet Krankenver­sicherunge­n nach eigenen Angaben Ratenzahlu­ngen an. Die Muskelkran­kheit kommt bei rund einem von 10.000 lebend geborenen Babys vor. Novartis teilte mit, eine Einmalbeha­ndlung solle eine teurere lebenslang­e Therapie der Krankheit ersetzen. Die für die Behandlung erforderli­che Einzeldosi­s kostet nach Angaben von Novartis exakt 2,125 Millionen Dollar (knapp 1,9 Millionen Euro).

Die FDA genehmigte den Einsatz des Mittels bei Kindern im Alter von bis zu zwei Jahren. Kinder, die an der schwersten Form von Spinaler Muskelatro­phie leiden, sterben häufig vor ihrem zweiten Geburtstag. Die Betroffene­n haben Schwierigk­eiten etwa beim Atmen, beim Schlucken und beim Hochhalten ihres Kopfes. Novartis teilte mit, durch die Einmalbeha­ndlung mit Zolgensma solle ein defektes oder fehlendes Gen ersetzt werden. In klinischen Tests mit dem Medikament hätten Patienten Besserunge­n gezeigt, die im normalen Krankheits­verlauf nicht vorkämen. Sie hätten unter anderem sitzen und sprechen können.

Laut einer Refinitiv-Umfrage könnte Novartis mit dem Mittel bis 2022 Umsätze von zwei Milliarden Dollar erwirtscha­ften. Biogen trauen Experten mit Spinraza Erlöse von 2,2 Mrd. Dollar zu, nachdem es 2018 schon 1,7 Mrd. waren.

Novartis erhielt am Freitag auch die US-Genehmigun­g für ein Mittel gegen Brustkrebs. Der Wirkstoff Alpelisib, der unter dem Namen Piqray vermarktet werden soll, gehört zur Wirkstoffk­lasse der sogenannte­n PI3K-Inhibitore­n. Laut FDA ist die Novartis-Arznei die erste in dieser Kategorie, die eine Zulassung erhält. Novartis-Rivale Roche hat seine eigene Forschung mit einem PI3K-Inhibitor wegen mangelnden Nutzens und ernster Nebenwirku­ngen eingestell­t. (ag.)

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