250 Firmen mit dem Handy kaufen
Aktien. Hinter Own Austria stecken zwei Dinge. Eine Community von jungen Anlegern – und ein Fonds mit 250 Aktien. Nur der Name ist verwirrend: Bei Own Austria steckt die ganze Welt drin.
Was haben Coca-Cola, Unilever und Nestle´ gemeinsam? Es sind riesige, globale Firmen, die auch in Österreich viele Mitarbeiter haben und Produkte anbieten. Wer will, kann sich Aktien dieser drei – und 247 weiterer Unternehmen holen. Per Knopfdruck. Mit dem Handy. Zu geringen Gebühren. Mit einer App namens Own Austria. Die Idee dahinter beschreibt Firmengründer Thomas Niss so: „Die passiven Privatanleger, die wenig Geld haben, werden von den Banken im Stich gelassen. Die machen das nicht aus Boshaftigkeit. Aber sie können nicht anders, weil sich solche Kleinanleger nicht rechnen.“Deshalb würden Banken und Fondsgesellschaften horrende Gebühren von Privatanlegern verlangen. Was wiederum dem Zweck der Geldanlage widerspricht. Ein Teufelskreis, den Own Austria durchbrechen will.
Das Fintech mit Sitz in Wien hat inzwischen 4500 aktive Kunden, die mit einem monatlichen Sparplan mindestens 30 Euro pro Monat einbezahlen. Das Geld fließt in einen Fonds, der aus besagten 250 Aktien besteht. Wobei der Name für Verwirrung sorgt. Own Austria investiert nicht nur in Österreich, sondern in Firmen, die hierzulande Relevanz haben.
„Investier’ in deinen Alltag“, lautet der Slogan. Verkauft wird ein Weltfonds mit Schlagseite. Rund ein Drittel der Aktien kommt aus Österreich, je 20 Prozent aus Deutschland und den USA. 70 Prozent des Fonds notieren in Euro, nicht in Dollar. „Für die Anleger ist wichtig, dass wir keine Depotgebühr und keine Transaktionskosten verlangen“, sagt Niss. Die Kosten für den Fonds, die jährlich knapp unter der Schwelle von einem Prozent liegen, werden direkt abgezogen. Sie dämpfen also die Performance. Diese ist bisher weder berauschend noch beschämend. Seit Auflage des Fonds im April 2017 ging es gerade mal um 2,4 Prozent pro Jahr nach oben.
Auf zehn Jahre zurückgerechnet, würde dies aber auf 8,8 Prozent steigen. Nicht schlecht, aber immer noch unterhalb der Performance eines echten Weltfonds wie
des MSCI World, der noch dazu schon ab einer jährlichen Gebühr von 0,12 Prozent zu kaufen ist.
Own Austria kann dafür mit seiner Community punkten. Die App bietet mehr als nur die Möglichkeit, Fondsanteile zu handeln. Auch die Firma dahinter ist keine echte Fondsgesellschaft. Die Aktien werden gemeinsam mit dem Indexanbieter Stoxx ausgewählt und gewichtet. Im Wiener Büro von Own Austria geht es vor allem um die Community.
Via App erfahren die Anleger täglich, was die Unternehmen im Fonds gerade so tun. Dabei wird von „deiner Unilever“und „deiner OMV“gesprochen, damit die User sich als Miteigentümer fühlen. „Es gibt einfach viel zu wenig Beteiligung an der unternehmerischen Wertschöpfung“, sagt Niss: „Oft leider auch, weil viele Menschen diese Welt nicht verstehen.“Own Austria besucht auch Hauptversammlungen und fragt die User vorher nach einer Frage. Der Content, der in der App geboten wird, ist Teil des Geschäftsmodells. Manche Unternehmen im Fonds bezahlen für Berichterstattung oder Sujets, um direkt eine bestimmte Zielgruppe zu erreichen. „Menschen investieren gern in Unternehmen, die sie verstehen.“
Das Konzept kommt vor allem bei jungen Leuten an. Die Investoren sind im Median 34 Jahre alt. „Wir erreichen Menschen, die sonst nicht veranlagen. Knapp 40 Prozent sagen, dass sie außer Own Austria kein anderes Anlageprodukt haben.“Nur dank der Community und der Contentplattform sei es überhaupt möglich, den Fonds mit derart geringen Gebühren zu betreiben. Tatsächlich gibt es in Österreich bisher kaum ein Angebot, bei dem Anleger Fondsanteile ohne Transaktionskosten handeln können. Wer etwa den MSCI World als ETF kaufen will, darf sich zwar über noch geringere jährliche Gebühren freuen – zahlt aber pro Kauf mindestens vier Euro. Meistens mehr. Own Austria ist ein besonders kreatives Beispiel für Apps, die diese hohen Handelsgebühren abschaffen und subventionieren – in diesem Fall mit der Contentplattform. „Du brauchst eine zweite Einnahmequelle, die auch zu dem Produkt passt“, sagt Niss
Viele andere Fintechs haben den Gebühren auf andere Weise den Kampf angesagt, etwa Robinhood und Trade Republic aus Berlin. Aber beide sind in Österreich bisher nicht verfügbar. Der Fonds selbst sei zwar profitabel, so Niss. Aber die Akquise neuer Kunden koste viel Geld, weshalb man mehrere Standbeine brauche.
„Die breite Bevölkerung zu erreichen ist teuer – und die hat ohnehin nicht wahnsinnig viel Geld, um auf dem Kapitalmarkt in ein Risiko-Asset zu investieren, das auch Schwankungen ausgesetzt ist. Nichts anderes sind Aktien“, sagt Thomas Niss.