Das Phänomen Isabell Werth
Dressur. Am Sonntag feiert Deutschlands erfolgreichste Pferdesportlerin ihren 50. Geburtstag. Ans Aufhören denkt Isabell Werth noch lang nicht.
Kein Name findet sich dort, wo die großen Siege des CHIO eingraviert sind, so oft wie der von Isabell Werth. Auf den Ehrentafeln am Richterturm in Aachen ist die deutsche Dressurreiterin zwölfmal verzeichnet. Ein Ende ist nicht in Sicht. Am Sonntag, wenn Werth ihren 50. Geburtstag beim berühmtesten Reitturnier der Welt feiert, ist ein weiterer Eintrag möglich.
Werth ist ein Phänomen. Eines, das sich mit Zahlen nur unzureichend erklären lässt. Ihr erster Sieg im Großen Dressurpreis des CHIO ist 1992 vermerkt, elf weitere folgten, der bisher letzte 2018. Dabei saß sie auf fünf verschiedenen Pferden. Und genau da liegt das Geheimnis ihres Erfolgs, denn sie bildet die Vollblüter selbst aus. „Das ist meine Leidenschaft, Tag für Tag.“
Daheim in Rheinberg trainiert sie die jungen Tiere und führt sie in bemerkenswerter Häufigkeit an die Weltspitze. Wer ihre Erfolge auflisten will, muss also aufpassen, sich nicht zu verzählen; so wie der Weltverband FEI auf seiner Internetseite, auf der einer ihrer neun WM-Titel nicht erwähnt wird. Sechsmal Gold und viermal Silber bei Olympia gehören ebenso zu ihrer Erfolgsstatistik. Die erste von 17 goldenen EM-Medaillen gewann Werth vor 30 Jahren in Mondorfles-Bains (LUX) mit Weingart.
Eine ihrer großen Enttäuschungen erlebte Werth 2008 auf Satchmo bei den Olympischen Spielen, auch in Peking war sie auf dem Weg zum scheinbar sicheren Einzelgold. Da stieg der wilde Wallach im Grand Prix Special in die Luft, sprang zur Seite und verweigerte daraufhin mehrere Sekunden lang die weitere Zusammenarbeit. „Er hat mich gelehrt, mit den schwierigsten Situationen im Leben umzugehen“, sagte sie später. Diese gab es: zum Beispiel die halbjährige Sperre, weil bei ihrem Pferd Whisper eine verbotene Substanz nachgewiesen wurde.
Ans Aufhören denkt Werth allerdings noch lang nicht. „Ich bin nur alt auf dem Papier“, sagte Werth und kündigte an, dass sie „bis 82 reiten“wolle. Die nachgeschobene Einschränkung dürfte die jüngere Konkurrenz ein wenig beruhigen: „Zu Hause, hoffentlich.“(red.)