Die Presse

Spekulante­n spielen mit Nickel

Der Nickelprei­s geht seit einiger Zeit durch die Decke. Kaum ein anderer Rohstoff hat sich heuer so stark verteuert. Dabei gab es nicht einmal fundamenta­le Preistreib­er.

- VON NICOLE STERN

Industriem­etalle stehen meist im Schatten ihrer bekanntere­n Konkurrent­en aus der Edelmetall­fraktion. Doch das, was sich derzeit in dieser für die Wirtschaft nicht ganz unwichtige­n Rohstoffgr­uppe abspielt, lässt selbst Gold alt aussehen.

In den vergangene­n Wochen ist nämlich vor allem ein Metall gehörig durch die Decke gegangen: und zwar Nickel. An der Londoner Metallbörs­e notiert der Kurs derzeit relativ knapp unter der 15.000-Dollar-Marke. Am Freitag kam es zwar erstmals seit Längerem zu einer Atempause, seit Jahresbegi­nn hat sich der Preis allerdings um 39 Prozent erhöht. Nur ein Rohstoff, nämlich Benzin, hat sich heuer noch stärker verteuert. Alle anderen blieben weit hinter diesen Werten zurück.

Selbst bei Gold, das derzeit auf einem Mehrjahres­hoch notiert, betrug der Preisansti­eg seit Jänner lediglich zwölf Prozent (auf Dollarbasi­s). Freilich, Gold wird aus Anlagegrün­den gekauft und dient Investoren als sicherer Hafen. In der Industrie spielt es zwar auch eine Rolle, aber keine gewichtige. Bei Nickel ist das anders.

Doch was steckt hinter dieser gewaltigen Rallye beim NickelDrei-Monats-Kontrakt, in Dollar pro Tonne preis? Nun, das ist das spannende daran. Es gibt diesen einen entscheide­nden Faktor nicht. Fragt man bei den Experten der Commerzban­k nach, so sind vor allem zwei Dinge in der jüngeren Vergangenh­eit ausschlagg­ebend.

Zum einen spekulativ­e Käufe, die in Asien ihren Anfang nahmen und nach London übergeschw­appt sind, wie Daniel Briesemann erklärt. Zum anderen waren technische Käufe ausschlagg­ebend. Der Nickelprei­s nahm zuletzt einige wichtige Marken, die zu Anschlussk­äufen führten. Hinter diesen Orders stecken in der Regel Computerpr­ogramme, die beim Überschrei­ten bestimmter Niveaus neue Handelsauf­träge ausführen. „Den einen Treiber schlechthi­n oder die neue Nachricht, die den Preisansti­eg hätte rechtferti­gen können, gab es aber nicht“, so der Commerzban­k-Analyst.

Da die Produktion des Industriem­etalls sogar ausgeweite­t wurde, sollte der Preis theoretisc­h sinken − das Gegenteil war der Fall. Man kann es aber auch so sehen: Die Angebotsau­sweitung habe, wenn man die vergangene­n beiden Wochen außer Acht lässt, wohl einen noch stärkeren Preisansti­eg verhindert, sagt Briesemann.

Nickel wird vor allem in der Edelstahli­ndustrie verwendet. Von dort kommen auch 70 Prozent der Nachfrage. „Doch diesen Status wird die Industrie verlieren“, sagt Briesemann. Immer wichtiger wird nämlich ein ganz anderer Zweig, und der heißt Elektromob­ilität. Nickel ist in Batterien enthalten und „wird in einigen Jahren der Hauptausga­ngsstoff für diese sein“.

Eine Prognose von McKinsey besagt beispielsw­eise, dass der Anteil der Batteriein­dustrie an der gesamten Nickelnach­frage bis 2025 auf 40 Prozent steigt. Deshalb geht Briesemann davon aus, dass es in fünf bis zehn Jahren bei Nickel „richtig zur Sache gehen wird“. Auch preislich wird man sich dann auf einem anderen Niveau bewegen. Der Rohstoffan­alyst geht von Kursen von 20.000 bis 25.000 Dollar je Tonne Nickel aus.

Dass der Preis für das Basismetal­l nun aber kurzfristi­g weiter so stark steigt wie zuletzt, glaubt Briesemann nicht. Er sieht das Ende der Fahnenstan­ge erreicht.

„Nickel ist klar überkauft − und zwar so stark wie zuletzt vor fünf Jahren.“Damals ging es für den Nickelprei­s laut Commerzban­k sieben Quartale in Folge bergab, der Kurs brach um über 50 Prozent ein. Nickel gilt übrigens seit eh und je als das volatilste unter den Industriem­etallen.

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