Spekulanten spielen mit Nickel
Der Nickelpreis geht seit einiger Zeit durch die Decke. Kaum ein anderer Rohstoff hat sich heuer so stark verteuert. Dabei gab es nicht einmal fundamentale Preistreiber.
Industriemetalle stehen meist im Schatten ihrer bekannteren Konkurrenten aus der Edelmetallfraktion. Doch das, was sich derzeit in dieser für die Wirtschaft nicht ganz unwichtigen Rohstoffgruppe abspielt, lässt selbst Gold alt aussehen.
In den vergangenen Wochen ist nämlich vor allem ein Metall gehörig durch die Decke gegangen: und zwar Nickel. An der Londoner Metallbörse notiert der Kurs derzeit relativ knapp unter der 15.000-Dollar-Marke. Am Freitag kam es zwar erstmals seit Längerem zu einer Atempause, seit Jahresbeginn hat sich der Preis allerdings um 39 Prozent erhöht. Nur ein Rohstoff, nämlich Benzin, hat sich heuer noch stärker verteuert. Alle anderen blieben weit hinter diesen Werten zurück.
Selbst bei Gold, das derzeit auf einem Mehrjahreshoch notiert, betrug der Preisanstieg seit Jänner lediglich zwölf Prozent (auf Dollarbasis). Freilich, Gold wird aus Anlagegründen gekauft und dient Investoren als sicherer Hafen. In der Industrie spielt es zwar auch eine Rolle, aber keine gewichtige. Bei Nickel ist das anders.
Doch was steckt hinter dieser gewaltigen Rallye beim NickelDrei-Monats-Kontrakt, in Dollar pro Tonne preis? Nun, das ist das spannende daran. Es gibt diesen einen entscheidenden Faktor nicht. Fragt man bei den Experten der Commerzbank nach, so sind vor allem zwei Dinge in der jüngeren Vergangenheit ausschlaggebend.
Zum einen spekulative Käufe, die in Asien ihren Anfang nahmen und nach London übergeschwappt sind, wie Daniel Briesemann erklärt. Zum anderen waren technische Käufe ausschlaggebend. Der Nickelpreis nahm zuletzt einige wichtige Marken, die zu Anschlusskäufen führten. Hinter diesen Orders stecken in der Regel Computerprogramme, die beim Überschreiten bestimmter Niveaus neue Handelsaufträge ausführen. „Den einen Treiber schlechthin oder die neue Nachricht, die den Preisanstieg hätte rechtfertigen können, gab es aber nicht“, so der Commerzbank-Analyst.
Da die Produktion des Industriemetalls sogar ausgeweitet wurde, sollte der Preis theoretisch sinken − das Gegenteil war der Fall. Man kann es aber auch so sehen: Die Angebotsausweitung habe, wenn man die vergangenen beiden Wochen außer Acht lässt, wohl einen noch stärkeren Preisanstieg verhindert, sagt Briesemann.
Nickel wird vor allem in der Edelstahlindustrie verwendet. Von dort kommen auch 70 Prozent der Nachfrage. „Doch diesen Status wird die Industrie verlieren“, sagt Briesemann. Immer wichtiger wird nämlich ein ganz anderer Zweig, und der heißt Elektromobilität. Nickel ist in Batterien enthalten und „wird in einigen Jahren der Hauptausgangsstoff für diese sein“.
Eine Prognose von McKinsey besagt beispielsweise, dass der Anteil der Batterieindustrie an der gesamten Nickelnachfrage bis 2025 auf 40 Prozent steigt. Deshalb geht Briesemann davon aus, dass es in fünf bis zehn Jahren bei Nickel „richtig zur Sache gehen wird“. Auch preislich wird man sich dann auf einem anderen Niveau bewegen. Der Rohstoffanalyst geht von Kursen von 20.000 bis 25.000 Dollar je Tonne Nickel aus.
Dass der Preis für das Basismetall nun aber kurzfristig weiter so stark steigt wie zuletzt, glaubt Briesemann nicht. Er sieht das Ende der Fahnenstange erreicht.
„Nickel ist klar überkauft − und zwar so stark wie zuletzt vor fünf Jahren.“Damals ging es für den Nickelpreis laut Commerzbank sieben Quartale in Folge bergab, der Kurs brach um über 50 Prozent ein. Nickel gilt übrigens seit eh und je als das volatilste unter den Industriemetallen.