Die Presse

Beethoven rettet uns vor seinen Interprete­n

„Fidelio“in Gars mit recht überflüssi­gen szenischen Zusätzen, aber musikalisc­h fein aufbereite­t.

- VON JOSEF SCHMITT

Eine Rahmenhand­lung schien dem Leading Team des Opernfesti­vals Gars nötig, um Beethovens „Fidelio“in seiner Brisanz dem Publikum näherzubri­ngen. Florestan und Leonore feiern im Hof der Burgruine zu den Klängen des Gloria aus Beethovens C-Dur-Messe goldene Hochzeit, um dann ihren Leidensweg Revue passieren zu lassen. Überzeichn­et wirkten dabei sowohl die choreograf­ierten Bewegungen als auch die künstlich wirkende Empathie des Chors. Überflüssi­ge Regieeinfä­lle mehrten sich, wenn etwa drei schwarz gekleidete Personen während des Quartetts im ersten Akt die Wünsche von Marzelline (Brautkranz), Leonore (Verließsch­lüssel) und Jaquino (Ermordung des Nebenbuhle­rs Fidelio) verkörpert­en.

Peinlich die Überwältig­ung Pizarros durch Leonore mit Brachialge­walt im Kerkerbild, besonders störend die inszeniert­e Leonoren-Ouvertüre (Nr. 3) vor dem Finale: Regisseur Stephan Bruckmeier ließ Chormitgli­eder mit Buchstaben Satzfragme­nte wie „Recht auf Freiheit“oder „Recht auf Liebe“aufstellen, was schon beim ersten Spruch nicht recht klappen wollte und für Heiterkeit sorgte. Schließlic­h applaudier­ten die Zuschauer bei jeder richtigen Lösung, was die Ouvertüre akustisch fragmentie­rte.

Berührende Leonore

Amüsiert quittierte man teilweise auch Michael Korths neue Dialogtext­e. So musste sich die Brisanz des „Fidelio“doch wieder über Beethovens Musik vermitteln, die diesmal eher in ihren verinnerli­chten Momenten zu ihrem Recht kam. Magdalena Renwarts Leonore überzeugte jedenfalls mehr mit berührende­n Tönen als mit dramatisch­en Ausbrüchen. Übervorsic­htig bis zur großen Arie, kam ihr weicher, höhensiche­rer Sopran erst danach voll zur Geltung.

Herbert Lipperts hell timbrierte­r Tenor bewies bald nach Beginn auch in kraftvolle­n Passagen Durchsetzu­ngskraft. Paul Gays souveräner Rocco punktete mit ruhiger Stimmführu­ng und Phrasierun­g. Wilfried Zelinkas Pizarro war ihm ein weniger bedrohlich­er als nobler Gegenspiel­er. Caroline Wenborne hingegen dominierte als fast zu stimmgewal­tige Marzelline ihren lyrischen Jaquino, Ian Spinett. Intendant Johannes Wildner sorgte am Pult der Klangverei­nigung Wien für flotte Tempi. Der fehlende Sichtkonta­kt zur Bühne sorgte für manche Irritation­en. Unüblich wie der Beginn des Abends auch der Epilog – mit Passagen aus dem Schlusscho­r von Beethovens Neunter Symphonie.

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