Die Presse

Mit der KI durchs Mitarbeite­rleben

Digitalisi­erung. Künstliche Intelligen­z, das klingt nicht greifbar und abstrakt. Was genau – außer alle Daten mitzuschre­iben – macht die KI im Personalbe­reich? Und wichtiger: Was hat man davon?

- VON ANDREA LEHKY

Michael Hakes, Group HR Director beim Verpackung­s- und Papierhers­teller Mondi, steckt mitten in der Digitalisi­erung. Hakes ist Chef über rund 26.000 Mondi-Mitarbeite­r, ein Zehntel davon in Österreich. Ausgangssz­enario: Fünf Generation­en im Unternehme­n, jede mit eigenen Vorstellun­gen von der Arbeitswel­t. Jeder durchläuft den Mitarbeite­rlebenszyk­lus: bewerben, an Bord gehen, leisten, beurteilt werden und selbst beurteilen, sich weiterentw­ickeln, ausscheide­n.

Die Kunst ist – und dieses Projekt ist lang nicht beendet – jeden dort abzuholen und einzubinde­n, wo er steht. Ohne eine potente Software geht das nicht. Hakes erläutert an seinem System, was dies Firma und Mitarbeite­rn bringt.

IBewerben. 20-Jährige wollen sich so bewerben, wie sie auf Amazon Waren bestellen. 50+ wollen einen Papier-CV abgeben. Das macht Lebensläuf­e so schwer vergleichb­ar. Hier hilft eine bedienerfr­eundliche, weltweit gleiche Maske, in der alle Bewerber ihre Daten eintragen. Das System erinnert auch, wenn etwas fehlt („Bitte fügen Sie ein Anschreibe­n bei“).

Es speichert alle Informatio­nen so ab, dass die KI jene Bewerbunge­n herausfisc­hen kann, die den definierte­n Anforderun­gen entspreche­n. Alter, Geschlecht und Herkunft werden ausgeblend­et, die Vorgaben der DSGVO im internen Gebrauch erfüllt. Recruiter verglei

chen die Bestgereih­ten nebeneinan­der am Bildschirm. Oder tauschen sich mit der Führungskr­aft am anderen Ende der Welt aus („Lade bitte diese drei Kandidaten ein“). Bei Absagen hat bisher gegolten: Wer Bewerber verärgern will, muss sie nur längere Zeit im Ungewissen lassen. Nun generiert das System automatisc­he Absagen. Die Bewerber werden es danken. Bewerber- und mitarbeite­rseitig gibt es oft Ressentime­nts gegen

Tatsächlic­h unterstütz­t diese die Arbeit von Führungskr­äften und Personalis­ten und verringert die Zettelwirt­schaft. Am Beispiel seiner SAP-Software Success Factors beschreibt Mondi-Personaldi­rektor Michael Hakes den Prozess.

IIIIAn Bord gehen. Am Anfang steht viel Zettelwerk – Automatisi­erung macht für HR und Neuling vieles leichter. Arbeitszei­terfassung ist Vertrauens­sache. Auch Urlaubsant­räge brauchen keine drei Unterschri­ften mehr. Der Termin wird einfach für alle sichtbar im System eingetrage­n.

Leisten. Mitarbeite­rgespräche finden nicht mehr einmal, sondern mindestens zweimal jährlich statt. Dann bekommen Mitarbeite­r und Führungskr­aft eine Erinnerung in ihrem Kalender. Gibt es neue Entwicklun­gen, können Ziele auch unterjähri­g angepasst werden.

Entwickeln. Früher haben sich Mitarbeite­r alle fünf Jahre mit Karrieresc­hritten begnügt, erinnert sich Hakes. Jetzt fordern sie sie schon alle zwei Jahre ein. Deshalb werden Entwicklun­gsziele ab dem Onboarding ins System eingespeis­t und der Fortschrit­t bei jedem Review bewertet. HR sieht auf einen Blick, wenn etwa mehrere Mitarbeite­r Mentoren oder Trainings brauchen und organisier­t beides gebündelt. Es sieht aber auch, wenn mehrere Mitarbeite­r Probleme mit derselben Führungskr­aft haben. Dann, so Hakes, „gibt es eine freundlich­e Nachschulu­ng“. Ausscheide­n. Und bei Angst vor schlechtem Feedback? Unerbittli­ch erinnert die KI sowohl HR als auch Führungskr­aft, keinesfall­s auf das Exitgesprä­ch mit einem scheidende­n Mitarbeite­r zu vergessen. Kündigen mehrere aus demselben Grund, macht man sich seine Gedanken. In Summe: dieselben Prozesse, aber effektiver.

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[ Nadja Nemetz ]

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