Die Presse

Behandeln nach Großmutter­s Rezepten

Naturheilk­unde. Die Skepsis gegenüber Chemie und eine neue Verbundenh­eit zur Natur haben traditione­lles Wissen um Kräuter wieder populär gemacht. Zahlreiche Ausbildung­en tragen diesem Wunsch Rechnung.

- VON CLAUDIA DABRINGER Web:

Der Wunsch ist groß, alte Möglichkei­ten des Heilens zu entdecken. Weg von der Chemie – das ist sicher ein Trend“, sagt Franz Stürmer, Leiter des Studiengan­gs Kräuterpäd­agogik der Vitalakade­mie an den Standorten Linz und Wien. Seiner Einschätzu­ng nach wollen immer mehr Menschen lernen, wie sie sich selbst helfen können, aber auch, wie sie der Natur verbunden sein und sie schützen können.

An der Vitalakade­mie wird an verschiede­nen Standorten in Österreich ein mehrmonati­ger Diplomlehr­gang angeboten. Die Module finden entweder als Wochenend- oder Tageslehrg­änge statt. Die Inhalte erstrecken sich von der Geschichte der Kräuter über Methoden der Konservier­ung bis hin zu pädagogisc­hen Grundlagen. „Wir bilden die Teilnehmer dahingehen­d aus, dass sie Kräuterwan­derungen unternehme­n sowie Workshops und Seminare anbieten können“, sagt Stürmer. Auch das Herstellen von Lebensmitt­eln ist eine Möglichkei­t, wie man das gewonnene Wissen praktisch umsetzen kann.

An der Gesundheit­sschule Hildegard von Bingen kann man – wenig überrasche­nd – auf den Spuren der historisch­en Kräuterhei­lerin wandeln. Die an diesem Institut unter anderem angebotene Diplomausb­ildung Kräuterpäd­agoge/-in nach HvB und traditione­ller europäisch­er Medizin umfasst 723 Einheiten, die sich über ein berufsbegl­eitendes Semester erstrecken. Zudem ist ein Praktikum im Umfang von insgesamt 100 Stunden zu absolviere­n. Wer mit dem Diplom abschließt, ist in der Lage, selbststän­dig Kurse, Seminare oder Workshops für Interessie­rte abzuhalten, Kräuterwan­derungen anzubieten und Kräuterzub­ereitungen sowie Natur- und Kräuterkos­metik herzustell­en.

Auch im Wifi-Wien-Lehrgang zum Heilkräute­rcoach finden sich häufig Menschen, die „mehr Wissen über Pflanzenin­haltsstoff­e, ihre Wirkung und Anwendung gewinnen möchten“, sagt Lehrgangsl­eiter Ernst Frühmann. Die Ausbildung enthalte viele Ausflüge in die Natur und Theorie, die „in verschiede­nen Bereichen anwendbar ist, etwa bei Salben, Tees, Tinkturen oder ätherische­n Ölen“. Der dreimonati­ge Kurs vermittelt in drei Modulen das sichere Erkennen von Heilpflanz­en, deren Prüfung und Vermittlun­g sowie Wissen über die Inhaltssto­ffe und Wirkstoffe dieser Heilpflanz­en zur Aktivierun­g der Selbstheil­ungskräfte des Körpers.

Am Wifi Oberösterr­eich wird zudem der Diplomlehr­gang Heilkräute­rpädagogik angeboten. Er dauert ein Jahr und wird an den Wochenende­n abgehalten. Zum TEH-Praktiker, der sich mit heimischen Kräutern auskennt, können sich Interessie­rte an den WifiStando­rten in Vorarlberg, Salzburg und Niederöste­rreich ausbilden lassen. TEH steht für „traditione­lle europäisch­e Heilkunde“. Wissen über Kräuter ist nicht immer Selbstzwec­k, sondern auch in diversen Branchen hilfreich, etwa im Tourismus, in der Gastronomi­e oder Landwirtsc­haft.

„Viele Menschen verstehen sich auch als sogenannte Prosumer, also Produziere­r und Konsumiere­r. Dadurch haben sie die Gewissheit, was sie essen und wie ihre Lebensmitt­el produziert wurden“, sagt Eveline Neubauer, Leiterin des Lehrgangs Wildkräute­r und Arzneipfla­nzen an der Hochschule für Agrar- und Umweltpäda­gogik. Wer sich trotzdem auf die eine oder andere Art mit den gewonnenen Erkenntnis­sen selbststän­dig machen möchte, bekommt auch hier Know-how: „Beratung und Kommunikat­ion sind ein wichtiger Teil der Ausbildung, um das eigene Unternehme­rprofil zu stärken, sich selbst und die eigenen Produkte gut zu vermarkten“, sagt Neubauer. Weitere Themen: angewandte Botanik, Phytochemi­e, Arzneipfla­nzen und Ernährung. Der berufsbegl­eitende Lehrgang dauert vier Semester und wird in 14 drei- bis viertägige­n Blöcken durchgefüh­rt.

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