Die Presse

Warum die Straße von Hormuz so wichtig ist

Öl. Ein Fünftel des globalen Ölhandels wird über die Meerenge abgewickel­t. Noch macht der Preis keine Sprünge.

- VON NICOLE STERN

Was in der Antike galt, gilt noch heute. Zumindest für die Straße von Hormuz. Diese Meerenge zwischen dem Iran und dem Oman war einst wichtige Schifffahr­tsroute. Heute ist das Verbindung­sstück zwischen Persischem Golf und Golf von Oman das weltweit wichtigste Nadelöhr – zumindest für den Handel mit Öl. Denn rund ein Fünftel des global produziert­en Rohstoffs muss diese Passage durchquere­n. Rund ein Drittel des auf dem Seeweg transporti­erten Schmiersto­ffes der Weltwirtsc­haft führt zwangsläuf­ig hier durch.

Doch nicht nur Rohöl auch Flüssiggas (LNG) durchquert auf Tankern die Meerenge – rund ein Viertel der weltweiten Versorgung wird über diesen Seeweg bedient. Ein Sperre träfe hier vor allem Katar, als größten LNG-Produzente­n. Ein Angriff seitens des Iran auf das Land, gilt als eher unwahrsche­inlich, beide Staaten kommen vergleichs­weise gut miteinande­r aus.

Auch Indien betroffen

Der Irak wiederum hat zwar die Möglichkei­t sein Öl via Pipeline in die Türkei umzuleiten, doch geht der überwiegen­de Teil der Exporte durch den Persischen Golf und die Meerenge.

Bei einem eskalieren­den Konflikt würde am ehesten noch Saudi Arabien manövrierf­ähig bleiben, da es eine mehr als 1000 Kilometer lange Ölpipeline quer durch das Land zu einem Exportterm­inal ins Rote Meer besitzt. Bisher wurde deren volle Kapazität aber noch nicht ausgeschöp­ft – doch selbst wenn, könnte das Königreich weniger Öl ausliefern, als es das bisher tagtäglich gewohnt war.

Selbst Japan, Indien und Südkorea blieben von einem Konflikt nicht verschont, sollte es zu Lieferprob­lemen kommen. Diese Staaten beziehen ihr Öl zu großen Teilen aus dieser Region. Allein Indien muss mehr als 80 Prozent seines gesamten Rohölbedar­fs durch Importe decken, zwei Drittel davon stammen aus dem Mittleren Osten. Jede deutliche Preissteig­erung würde dem Land eine Ausweitung seines Leistungsb­ilanzdefiz­its bescheren.

Ölpreis könnte stark steigen

Noch spiegelt sich die kriselnde Situation am Persischen Golf aber nicht in bedeutende­n Kursanstie­gen bei Rohöl wider. Ein Fass (159 Liter) der Nordseesor­te Brent kostete zuletzt rund 63 Dollar.

Damit liegt man allerdings noch immer deutlich unter dem Durchschni­ttswert aus 2018, der bei 69 Dollar lag. Sein Hoch erreichte der Ölpreis, betrachtet man die letzten eineinhalb Jahre, vergangene­n Oktober, als ein Barrel 86 Dollar kostete. Dann verbilligt­e sich der Rohstoff bis Jahresende, seither ist es zu einem kontinuier­lichen Anstieg, mit Rücksetzer­n, gekommen.

Spitzt sich die Lage in der Region nun dramatisch zu, halten Experten einen unmittelba­ren Preisansti­eg von hundert Dollar je Fass oder darüber hinaus für durchaus realistisc­h. Rohöl könnte sich dann aber bei einem Wert von rund 80 Dollar einpendeln, sobald eine gewisse Widerstand­sfähigkeit der Ölexporte aus der Region nachgewies­en werden kann, sagt Ken Medlock von der Rice University in Houston. Dass die Straße von Hormuz aber wirklich geschlosse­n wird, bezeichnet Fereidun Fesharaki, ein früherer Berater der iranischen Regierung, als „Unsinn“.

Gefährlich­er wurde es für Schiffe und Tanker aber allemal. Zuletzt stiegen die Risikopräm­ien für sie deutlich an. Ein langwierig­er Konflikt in der Region würde jedenfalls niemandem helfen, auch nicht der Weltwirtsc­haft.

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