Die Presse

Dem Exportkais­er geht die Luft aus

Konjunktur. Deutschlan­ds Ausfuhren werden heuer weit weniger stark steigen als 2018. Nicht nur China spielt für die Bundesrepu­blik eine bedeutende Rolle, sondern auch die USA.

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In Europa exportiert kein anderer Staat so viel wie Deutschlan­d. Daran wird sich zwar so schnell nichts ändern, doch das Wachstumst­empo wird sich angesichts internatio­naler Handelskon­flikte und politische­r Unsicherhe­iten verlangsam­en.

Konnte die Bundesrepu­blik ihre Ausfuhren im vergangene­n Jahr noch um drei Prozent steigern, wird man heuer mit deutlich weniger rechnen müssen. Der Präsident des deutschen Außenhande­lsverbands BGA, Holger Bingmann, geht für 2019 nur noch von Plus 1,5 Prozent aus. „Neben dem Handelsstr­eit zwischen den USA und China und den Unwägbarke­iten des Brexits sorgt der Konflikt zwischen Washington und Teheran für zusätzlich­e Verunsiche­rung“, so Bingmann. Die Folge: Firmen hielten sich mit Investitio­nen zurück, bei Unternehme­n gehen weniger Bestellung­en ein.

Sorgen bereitet den deutschen Exportunte­rnehmen dabei vor allem die Zunahme von Handelshem­mnissen. „Dabei geht es nicht nur um Zölle, sondern auch um sogenannte nicht tarifäre Hemmnisse, zum Beispiel technische Vorschrift­en“, erklärt Bingmann. Gerade Letztere hätten stark zugenommen. Manche Länder würden auf diese Weise versuchen, ihre Branchen vor ausländisc­her Konkurrenz zu schützen. „Wir sehen das mit Schrecken, für das Tagesgesch­äft ist diese Entwicklun­g sehr belastend.“

Auch der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskam­mertages (DIHK), Eric Schweitzer, räumte gegenüber der „Neuen Osnabrücke­r Zeitung“ein, dass die Erwartunge­n im Auslandsge­schäft so niedrig sind, wie seit zehn Jahren nicht. Dies sei auch deshalb sehr ernst zu nehmen, da jeder vierte Arbeitspla­tz in Deutschlan­d von der Industrie abhänge.

Dass der von Donald Trump vom Zaun gebrochene Handelskon­flikt mit China schon Spuren hinterläss­t, konnte man erst in der vergangene­n Woche sehen, als die Volksrepub­lik ihre Wachstumsz­ahlen präsentier­t hat.

Die Wirtschaft­sleistung der Volksrepub­lik verbessert­e sich im zweiten Quartal zwar um 6,2 Prozent – doch handelte es sich dabei um den niedrigste­n Wert seit 27 Jahren. Im Süden Chinas, gern als Werkbank der Welt bezeichnet, haben bereits zahlreiche Fabriken ihre Tore geschlosse­n. Auch der Automarkt hatte im ersten Halbjahr mit empfindlic­hen Absatzeinb­ußen zu kämpfen.

In China sind im Juni zwar wieder mehr Autos verkauft worden – erstmals seit einem Jahr – doch ist das Wachstum durch Rabatte angetriebe­n worden, damit die Lagerbestä­nde geringer werden. China ist Deutschlan­ds wichtigste­r Handelspar­tner. Im Vorjahr wurden Waren im Wert von rund 199 Mrd. Euro umgesetzt (Import und Export). China führte nicht nur so viele Güter ein, wie kein anderer Staat, es tat dies auch zum bereits vierten Mal in Folge.

In der Exportstat­istik wiederum führen die USA das Länderrank­ing an. Das wichtigste Gut, das Deutschlan­d in andere Staaten liefert, sind Kraftwagen und Kraftwagen­teile – und das seit dem Jahr 2010. Als wichtigste­r Abnehmer gelten die Vereinigte­n Staaten mit einem Volumen von 27,2 Mrd. Euro. Umgekehrt wurden aus den USA lediglich Autos in der Höhe von 5,2 Mrd. Euro importiert.

Nicht zuletzt deshalb ist eine Einigung im europäisch-amerikanis­chen Handelskon­flikt für Deutschlan­d wichtig. Donald Trump hatte in der Vergangenh­eit eine deutliche Erhöhung der USAutozöll­e angekündig­t. Mitte Mai setzte er die angedrohte­n Sonderzöll­e auf Einfuhren von Autos aus der EU für ein halbes Jahr aus. Eine Entscheidu­ng wurde bis November verschoben. Bisher verlangen die USA für europäisch­e Autos 2,5 Prozent Einfuhrzol­l, die EU kassiert zehn Prozent. Demgegenüb­er liegt der US-Einfuhrzol­l für die so beliebten Pick-ups bei 25 Prozent.

Nun aber sind die Europäer nach den Worten von Deutschlan­ds Bundeswirt­schaftsmin­ister, Peter Altmaier, zu weitreiche­nden Zugeständn­issen bereit. „Wir haben uns bereit erklärt, die Zölle bei den wichtigen Industriep­rodukten auf null zu senken“, sagte der CDU-Politiker der „Welt am Sonntag“. „Damit wäre auch der Vorwurf ausgeräumt, dass amerikanis­che Autozölle niedriger als europäisch­e seien.“(nst)

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