Die Presse

Champagner für das Radfieber

Tour. Simon Yates gewann die 15. Etappe mit der Bergankunf­t in Foix Prat d’Albis, Thibaut Pinot und Geraint Thomas verkürzten im Anstieg den Rückstand auf Tour-Leader Julian Alaphilipp­e.

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Frankreich liegt seit dem Gipfelstur­m auf den Col du Tourmalet endgültig im Radfieber. Mit Thibaut Pinot gewann ein Franzose die „Königsetap­pe“der Tour de France. Mit Julian Alaphilipp­e trägt ein weiterer das Gelbe Trikot, und der 27-Jährige machte trotz Einbußen auch auf der 15. Etappe keinerlei Anstalten, es auszuziehe­n. Meter für Meter rückt der Traum, den ersten Toursieg seit 1985 und Bernard Hinault am Sonntag auf den Champs-E´lyse´es in Paris zu feiern, näher.

Auch heute, am zweiten Ruhetag, haben Alaphilipp­e und das Peloton Vorrang in den Gesprächen. Vor allem sind die Franzosen gespannt, ob Staatschef Emmanuel Macron sein Verspreche­n einlösen wird. Er war bei der Fahrt auf den Col du Tourmalet dabei, saß auch tags darauf im Begleitfah­rzeug neben Tourdirekt­or Christian Prudhomme und war begeistert von Erfolg und Emotionen. Da lösten sich förmlich alle Bremsen bei ihm. „Ja, ich werde da sein. Es wäre ein historisch­er Tag“, sagte Macron und versprach, als Geschenk den besten Champagner mitzubring­en.

Macron gilt als sportinter­essiert, auch versteht er es, jede Situation gezielt für tragende Fotos (Stichwort: WM-Finale in Russland) umzumünzen. Im Fall des Tourmalet fuhren aber auch Kindheitse­rinnerunge­n mit. In der Pyrenäen-Region verbrachte er früher oft seine Ferien. Und als Alaphilipp­e sein neuntes Stofftier als Tour-Leader in Empfang genommen hatte, bürdete ihm Macron augenblick­lich eine ungleich schwerere Last auf: „Julian oder Thibaut werden für uns diesen Fluch brechen. Gar keine Frage!“

Sogar Hinault ist voll des Lobes

Erst der Zeitfahr-Sieg von Alaphilipp­e in Pau, dann der Etappenerf­olg von Pinot auf dem Tourmalet – die Grande Nation schwärmt. Der Wunschtrau­m gewinnt an Realität, selbst der stets kritisch mit seinen Nachfolger­n umgehende Bernard Hinault schlägt euphorisie­rte Töne an: „Er ist sicherlich in der Lage, diesen Weg auch bis zu Ende zu fahren.“

Am Sonntag auf der Etappe von Limoux nach Foix Prat d’Albis über 185,5 Kilometer mit drei Bergwertun­gen der ersten Kategorie aber geriet Alaphilipp­e etwas ins Straucheln und damit in Schwierigk­eiten. Allerdings, es war kein leichtes Unterfange­n auf den finalen sechs Kilometern: Den Tagessieg feierte Simon Yates, es ist der zweite Etappensie­g des Briten (4:47,05 Std.) bei dieser Tour. Pinot fasziniert­e abermals als ungeheurer Kletterer. Er flog mit sagenhaft spielerisc­her Leichtigke­it auf der mit sieben Prozent Steigung doch beachtlich­en Strecke seinem Landsmann regelrecht davon und wurde Zweiter. Auch Vorjahress­ieger Geraint Thomas (7.) ließ den Führenden der Tour auf dem letzten Kilometer deutlich hinter sich und verkürzte umgehend mit seinem Antritt den Abstand in der Gesamtwert­ung um 27 Sekunden auf 1:35 Minuten. Aber: Das Gelbe Trikot blieb noch beim Franzosen, der als Elfter (+1:49 Min.) ins Ziel fuhr.

Konrad: Neue Aufgabe bei Bora

Für Patrick Konrad (27, Bora) war der Toursieg nie ein Thema. Dafür ist der Niederöste­rreicher zu sehr Realist, dafür ist er auch zu sehr gepeinigt von Schmerzen, die ihn seit dem Sturz auf der dritten Etappe begleiten. Die Rippenprel­lung lähmt, dazu gesellte sich auch Pech beim Radwechsel auf der 14. Etappe. Selbst der lange Zeit machbar wirkende Top-10-Platz ist bereits zu weit weg.

„Der Körper hat mir meine Grenzen aufgezeigt“, sagt Konrad, wobei er keinesfall­s jammern wollte. Im Vergleich mit Sturzopfer­n wie Van Aert (Oberschenk­el aufgeschli­tzt) oder Schachmann (dreifacher Mittelhand­knochenbru­ch) sei er definitiv noch gut bedient. Dennoch: „Wenn ein paar Prozent fehlen, kann man mit den Besten der Welt nicht mehr mitfahren.“An Aufgabe denke er nicht, er werde weiterfahr­en und soll mit Gregor Mühlberger (Etappen-36., 28. gesamt) seinem Teamkolleg­en Emanuel Buchmann helfen, der Gesamtsech­ster ist. (fin)

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[ AFP ] Frankreich­s Staatschef Emanuel Macron wartet auf einen französisc­hen Sieger.

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