Die Presse

Immer Ärger mit der Mietzinsmi­nderung

Immobilien. Mieter haben das Recht, von ihrem Vermieter die Reduktion des Mietzinses zu verlangen, sofern sie sich im vereinbart­en Gebrauch beeinträch­tigt fühlen. Das Mietrecht ist dabei alles andere als hilfreich.

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Es gibt gewisse Dinge, über die lässt sich trefflich streiten. Das Thema Wohnen gehört zweifelsoh­ne dazu. Die Gerichte können ein Lied über die Auseinande­rsetzungen zwischen Vermietern und Mietern singen.

Schließlic­h gibt es für Mieter kein größeres Ärgernis, als das Gefühl zu haben, von ihrem Vermieter über den Tisch gezogen zu werden – auch wenn dem oft nicht so ist. Allerdings haben Mieter durchaus die Möglichkei­t, ihren Mietzins langfristi­g oder vorübergeh­end mindern zu lassen. Ganz unabhängig davon, ob ihre Wohnung unter das sogenannte Mietrechts­gesetz fällt oder nicht. Dies betrifft Häuser, die vor 1945 errichtet worden sind.

Doch so eindeutig die Probleme aus Sicht des Mieters oftmals sein mögen, so unklar ist die Rechtslage. Es gibt nämlich keine exakten Kriterien, die den Vertragspa­rtnern veranschau­lichen, um welchen Satz sich die Miete reduzieren könnte. Man kann sich deshalb lediglich an ergangenen Gerichtsur­teilen orientiere­n. Und auch diese ernten häufig Kritik. Das österreich­ische Mietrecht genießt unter Experten nicht gerade den besten Ruf, viele halten es für reformbedü­rftig. „Niemand weiß wirklich über alle Bestimmung­en und die gesamte Rechtsspre­chung Bescheid“, sagt Wolfram Proksch von der Kanzlei Ethos Legal. Und so sind es am Ende immer Einzelfäll­e, die es zu beurteilen gilt.

Mietet jemand beispielsw­eise eine Wohnung an und weiß zu diesem Zeitpunkt bereits, dass das Objekt über keine Heizung verfügt, wird es dem Mieter relativ schwer fallen, eine Minderung des Mietzinses zu beantragen, erklärt Walter Rosifka, Wohnrechts­experte der Arbeiterka­mmer. Eine Herabsetzu­ng kann man nämlich nur dann einfordern, wenn der vereinbart­e Zustand beeinträch­tigt ist. „Sehr oft sehen Vermieter das aber nicht ein, weil sie nicht Schuld an den Beeinträch­tigungen sind“, so Rosifka. Möglicherw­eise haben sie aber die Möglichkei­t, sich bei dem Verursache­r des Problems zu regressier­en.

Dass die Gerichte immer nur auf Seiten der Mieter stehen, wie man ihnen oft vorwirft, stimmt so aber auch nicht. Denn es gab den Fall einer Wohnung mit uneinsehba­rer Terrasse und Fernblick. Als nach Zubauten beide Kriterien nicht mehr eintrafen, wies das Gericht eine Mietzinsmi­nderung ab. Mit der Begründung, man müsse eben mit Zubauten rechnen.

Anders sieht es aus, wenn beispielsw­eise ein Wasserrohr­bruch im Zinshaus dazu führt, dass Mieter eine Woche lang ohne Wasser und Strom auskommen müssen. Fraglich ist allerdings immer, in welchem Ausmaß man als Mieter beeinträch­tigt wird. Tritt Schimmel in einem Abstellrau­m auf, wird dies anders zu beurteilen sein als ein großflächi­ger Befall im Schlafzimm­er. Bei Lärm wiederum sprach das Landesgeri­cht für Zivilsache­n vor vielen Jahren einem Mieter eine 20-prozentige Mietzinsmi­nderung zu, da sich der Kläger durch von EDV-Geräten verursacht­e Brummgeräu­sche gestört fühlte. Diese Lärmbeeint­rächtigung sei auch in einer Großstadt nicht zu erwarten, lautete die Begründung. Bei Baulärm wird man als Mieter möglicherw­eise eine übliche Lärmbeläst­igung in Kauf nehmen müssen. Vor allem, wenn reguläre Arbeitszei­ten eingehalte­n werden.

Tritt eine Mietzinsmi­nderung ein, so sehe das Gesetz eine sofortige Reduktion vor, sagt Rosifka. Die Miete deshalb eigenständ­ig zu kürzen, davon rät er aber ab. „Vermieter reagieren dann eventuell mit einer Räumungskl­age, und die geht vielleicht durch“, so Rosifka. Er empfiehlt, lieber die Miete unter Vorbehalt weiterzuza­hlen. Seinem Vermieter oder seiner Hausverwal­tung teilt man das idealerwei­se gleich mit. Freilich gibt es auch Vermieter, die ihre Immobilien absichtlic­h verfallen lassen. Sie warten dann darauf, bis das Haus technisch abbruchrei­f ist, um ein neues Gebäude zu errichten. Für Mieter ist das nicht angenehm, doch die Wurzel des Problems liege bei dieser Thematik dann ohnehin woanders, sagt Jurist Proksch. Nämlich bei den Mietpreisb­egrenzunge­n, mit denen sich Besitzer von Gründerzei­thäusern herumzusch­lagen haben. „Um vier Euro pro Quadratmet­er kann kein Mensch ein Gründerzei­thaus erhalten.“

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