Klimapolitik braucht mehr als einen Hype
Es wäre wichtig, das aktuelle „Klimahoch“für die rasche Umsetzung konkreter politischer Maßnahmen zu nutzen.
Klimapolitik erlebt zurzeit ein Zwischenhoch. Ausgelöst wurde es durch die zur Ikone gewordene Schülerin Greta Thunberg mit ihrem Sitzstreik vor dem schwedischen Reichstag im vergangenen Herbst. Weltweit sichtbar wurde die mit ihrem Namen eng verbundene Bewegung „Fridays for Future“mit Demonstrationen in über 100 Staaten.
Die aktuellste Ausprägung dieses klimapolitischen Zwischenhochs ist die Rede von Ursula von der Leyen vor dem Europäischen Parlament. Ihre Aussagen zur Klimapolitik ließen aufhorchen und waren möglicherweise entscheidend für den knappen Erfolg bei der Abstimmung um das Amt der Präsidentin der Europäischen Kommission. Im Poker um die Stimmen setzte Frau von der Leyen auf zwei Zahlen: erstens soll Europa bis 2050 klimaneutral werden, also nicht mehr zur Erhöhung der Treibhausgase in der Atmo
sphäre beitragen; zweitens soll das derzeitige Reduktionsziel für 2030 von 40 auf 50 und möglicherweise 55 Prozent erhöht werden.
Nur unzureichend mitgeliefert wurden bei diesem Ziel-Poker die Strategien, mit denen diese zweifellos ambitioniertere Klimapolitik unterfüttert werden könnte. Deshalb zur Erinnerung einige Hinweise, mit welchen gravierenden Weichenstellungen solche Ziele zu verbinden wären: ein Stopp für jede neue Infrastruktur für Fossile, von Heizkesseln für Öl und Gas bis zu neuen Pipelines; ein schneller Ausstieg aus Kohle für Elektrizität, vor allem in Deutschland und in Polen; Öl und Gas für Gebäude nur noch im Ausnahmefall; eine Halbierung des Verbrauchs von fossilen Treibstoffen und nur mehr geringe Anteile von konventionellen Fahrzeugen ab 2025.
Erst ein solcher Beipackzettel zum Zahlen-Poker über Klimaziele macht die unerwünschten Nebenwirkungen einer vom Klimahype getriebenen Klimapolitik sichtbar. Das klimapolitische Zwischenhoch könnte nämlich schnell wieder vom gewohnten stationären Tief abgelöst werden, wenn man in von der Leyens Rede weiterliest. Die von ihr genannten Investitionen für den Umbau unseres Energiesystems würden sich umgelegt auf Österreich mit nicht mehr als zwei Mrd. Euro pro Jahr niederschlagen. Mindestens die zehnfache Anstrengung wäre tatsächlich erforderlich.
Ähnliches gilt für die vorgeschlagene Bepreisung von Emissionen, um Verhaltensänderungen zu erzielen. Ein solcher Preis müsste mindestens bei 100 Euro pro Tonne CO2 liegen, was beispielsweise einen Liter Treibstoff um 25 bis 30 Cent verteuern würde. Aber auch damit werden die erforderlichen wirklich radikalen Änderungen bei Mobilität nicht bis 2030 in Gang kommen.
Soll das von Greta Thunberg bis Ursula von der Leyen