Iran-Konflikt droht weiter zu eskalieren
Krise am Golf. Nach der Kaperung eines unter britischer Flagge fahrenden Öltankers durch Irans Revolutionsgarden spitzt sich die Lage weiter zu. Die Briten könnten neue Sanktionen verhängen.
Die Regierung in London verurteilt die Festsetzung eines britischen Handelsschiffs in der Straße von Hormus durch den Iran als „feindseligen Akt“und erwägt Sanktionen gegen Teheran. Die Islamische Republik warnte Großbritannien am Sonntag wiederum vor einer Verschärfung der Lage. Angesichts der Spannungen in der Region sei das „gefährlich und unklug“, twitterte der Botschafter in London, Hamid Baeidinejad. Die USA kündigten an, erstmals seit der Irak-Invasion 2003 Soldaten nach Saudiarabien zu entsenden. Der Ton zwischen Teheran und London wird rauer.
Den Vorwurf des Iran, der Tanker habe gegen Schifffahrtsregeln verstoßen, wies die Londoner Regierung zurück. Nach iranischen Angaben soll der Tanker in einen Unfall mit einem Fischerboot involviert gewesen sein und dessen Notruf ignoriert haben.
Das Video ist eine Machtdemonstration. Schnellboote umkreisen den gekaperten britischen Tanker. Ein Hubschrauber rattert über dem Deck, während sich vermummte Elitesoldaten auf die „Stena Impero“abseilen. 24 Stunden nach ihrer spektakulären Kommandoaktion in der Straße von Hormuz veröffentlichten Irans Revolutionsgarden die ersten Bilder ihres Einsatzes, der am Wochenende die Spannungen in der Region weiter anheizte. Am Persischen Golf hat der Iran das Sagen, lautet die Botschaft des kurzen Propagandafilms.
„Robuste Antwort“
Die britische Regierung drohte mit einer „robusten Antwort“und „ernsten Konsequenzen“, sollte der Tanker nicht unverzüglich freigegeben werden. Das britische Kriegsschiff „Montrose“, das dem Tanker hätte beistehen können, war zum Zeitpunkt der Kaperung eine Stunde entfernt.
Irans Aktion sei ein „feindseligen Akt“, sagte die britische Verteidigungsministerin Penny Mordaunt. London erwägt einem Medienbericht zufolge, Sanktionen gegen Teheran. Am Montag soll das britische Parlament über eine Reaktion informiert werden. Zugleich forderte London alle britischen Schiffe auf, die Meerenge vor der iranischen Küste bis auf weiteres zu meiden.
Irans Hafen- und Schifffahrtsbehörde wirft der 23-köpfigen Besatzung des Tankers vor, mit einem Fischerboot kollidiert zu sein und sich dann vom Unfallort entfernt zu haben.
Unterdessen kündigte Irans regionaler Hauptrivale Saudiarabien an, das Königshaus werde erstmals seit 2003 wieder USTruppen auf saudischem Boden erlauben. Nach amerikanischen Medienberichten handelt es sich zunächst um 500 Soldaten, die offenbar die Verlegung eines USFluggeschwaders vorbereiten sollen. Die während des Kuwait-Krieges 1991 gegen Saddam Hussein stationierten US-Einheiten waren 2003 nach dem Ende des Irakfeldzuges von US-Präsident George W. Bush abgezogen worden.
Aus Teheraner Sicht ist die Militäroperation im Persischen Golf eine Vergeltung für die Beschlagnahmung eines iranischen Tankers durch die britische Marine nahe Gibraltar vor zwei Wochen. Am Freitag hatte dort das höchste örtliche Gericht angeordnet, der Supertanker müsse weitere 30 Tage vor Anker bleiben. Die „Grace 1“soll Rohöl für den syrischen Mittelmeerhafen Baniyas geladen haben, was Teheran bestreitet. Der Oberste Führer des Iran, Ali Khamenei, verurteilte das britische Vorgehen als „Akt der Piraterie“, der nicht ohne Antwort bleiben werde.
Hintergrund des Nervenkriegs am Golf ist die sich verschärfende Krise um das 2015 mit dem Iran geschlossene Atomabkommen. Nach dem Ausstieg Donald Trumps im Mai 2018 und der Reaktivierung der Sanktionen durch die USA gerät die Islamische Republik wirtschaftlich immer stärker unter Druck, auch weil die europäischen Vertragsstaaten nicht bereit sind, sich offen mit Washington anzulegen und weiterhin iranisches Öl abzunehmen. Innerhalb der politischen Elite der Islamischen Republik toben ebenfalls heftigen Kämpfe zwischen Scharfmachern und Moderaten um die künftige Strategie.
Irans Außenminister Mohammed Javad Zarif ließ vergangene Woche bei der UNO in New York durchblicken, sei Land sei nicht nur bis 2023, wie im Atomvertrag vereinbart, sondern zeitlich unbegrenzt zu scharfen Kontrollen durch die Internationale Atomenergiebehörde IAEA bereit, wenn dafür die US-Sanktionen dauerhaft außer Kraft gesetzt würden. Zarifs zweite Andeutung in einem NBCInterview, der Iran könne auch über sein Raketenarsenal mit sich reden lassen, wurde dagegen von den eigenen Hardlinern sofort dementiert. „Diese Waffen sind absolut und unter keinen Umständen verhandelbar“, erklärte ein Sprecher der iranischen UN-Mission.
Treffen mit US-Emissär
Nach Medienberichten sprach Zarif in New York erstmals mit dem republikanischen US-Senator Rand Paul, der von Trump beauftragt worden sei, nach Gesprächskanälen zu suchen. Als wichtigster europäischer Vermittler gilt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Er ist allerdings über die Verhaftung der französisch-iranischen Wissenschaftlerin Fariba Adelkhah in Teheran sehr verärgert.
Die Kaperung des Tankers Stena Impero wird als ein feindseliger Akt des Iran gewertet. Penny Mordaunt, britische Verteidigungsministerin