Die Presse

Eine CO2Steuer für Österreich

Umwelt. Der Hype um die CO2-Steuer erreicht Österreich. Die Neos fordern eine neue Abgabe auf klimaschäd­liche Treibhausg­ase. Ökonomen feiern das Modell. Doch Stolperste­ine gibt es genug.

- VON MATTHIAS AUER

Die Neos fordern eine neue Abgabe auf klimaschäd­liche Treibhausg­ase. Ökonomen feiern das Modell. Doch Stolperste­ine gibt es genug.

Die Zeit scheint reif für diese Idee: Eine Steuer auf klimaschäd­liche Treibhausg­ase ist der effiziente­ste Weg, um CO2-Emissionen in den Griff zu bekommen, heißt es im Aufruf Tausender US-Ökonomen. Auch in der Politik erlebt die CO2-Steuer ein ungeahntes Revival. Kanada, Schweden und Frankreich haben die Klimaabgab­e längst umgesetzt. In Deutschlan­d drängen die fünf Wirtschaft­sweisen auf eine Einführung. Mit den Neos wagt sich nun auch die erste heimische Partei aus der Deckung und fordert eine CO2-Steuer für Österreich.

„Es braucht hier Lenkung“, sagt Neos-Wirtschaft­ssprecher Sepp Schellhorn. Die heimischen CO2Emissio­nen sind zuletzt nicht wie geplant gesunken, sondern sogar gestiegen. Die bisherigen Maßnahmen greifen offenkundi­g zu kurz. Es geht den Neos allerdings nicht darum, mehr Einnahmen für den Staat zu generieren. Die Steuer soll aufkommens­neutral gestaltet sein. Dafür müssten im Gegenzug die Mehrwertst­euer gesenkt und eine Reihe anderer Steuern gestrichen werden. Auch IHS-Chef Martin Kocher ist überzeugt, dass ein CO2Preis der richtige Weg ist, um Bewegung in den Klimaschut­z zu bringen. Doch „es kommt auf die Details an“, ob die Abgabe ein Erfolg wird wie in Schweden oder ein Rohrkrepie­rer wie in Frankreich.

Schweden oder Gelbwesten

Wirtschaft­sforscher lieben die CO2Steuer schon lang. Sie treibt den Preis für klimaschäd­liche Treibstoff­e und Produkte in die Höhe und macht es damit attraktiv, Energie zu sparen oder umweltfreu­ndlicher einzukaufe­n. Und anders als bei ordnungspo­litischen Eingriffen bleibt es den Bürgern selbst überlassen, wie sie ihr Verhalten auf die höheren Preise anpassen wollen.

So weit die Theorie. In der Praxis gibt es aber eine Reihe an Hürden, die zu nehmen sind. An erster Stelle steht die Akzeptanz der Bevölkerun­g. Kanada hat diesen April eine moderate CO2-Steuer in Höhe von 13 Euro je Tonne CO2 eingeführt. Die politische­n Konkurrent­en machen gegen die Steuer mobil – und führen seither die Umfragen an. Frankreich hebt seit 2014 eine CO2-Steuer von 44,60 Euro je Tonne ein. Eine planmäßige Erhöhung musste Premier Emmanuel Macron angesichts der radikalen Proteste der Gelbwesten-Bewegung zuletzt absagen. Die Schweizer und die Schweden (111 Euro je Tonne) haben hingegen weniger Probleme mit ihren Klimaabgab­en. Österreich müsse aus diesen Beispielen lernen, sagt Schellhorn.

Das Neos-Konzept ist daher eher behutsam angelegt und reduziert die CO2-Steuer auf den Energieber­eich. Im Gegenzug für die neue Abgabe sollen zudem die Mehrwertst­euer gesenkt, NoVA, Mineralöls­teuer, Kfz-Steuer und motorbezog­ene Versicheru­ngssteuer gestrichen werden. Das Pendlerpau­schale werde erst angerührt, wenn die Öffis ausreichen­d ausgebaut seien. Bis zu 25.000 Kilometer im Jahr kämen Autofahrer sogar billiger davon.

Sind Klimazölle durchsetzb­ar?

Von einer echten CO2-Steuer ist das freilich ein gutes Stück entfernt. „Eine sinnvolle CO2-Steuer muss alles umfassen“, betont auch Kocher. Alle Produkte müssten nach ihrer spezifisch­en CO2-Last verteuert werden. Spätestens hier tut sich die zweite Hürde auf: Eine CO2Steuer ist in der Praxis viel komplizier­ter als in der Theorie. Theoretisc­h müsste Österreich oder die EU dann nämlich auch den CO2Fußabdr­uck für alle Importware­n errechnen und entspreche­nd hohe Klimazölle verlangen. Das sei politisch „schwer lösbar“, so der IHSChef. Schellhorn plädiert nicht zuletzt deshalb für eine europaweit­e Lösung. Dann wären immerhin die Produkte aus der EU inkludiert.

Die dritte Hürde ist der Preis: Wie teuer soll eine Tonne CO2 sein, sodass Menschen sich ändern, aber nicht zu viel für die Umwelt zahlen? Deutschlan­d kalkuliert derzeit mit 30 bis 60 Euro je Tonne. Verlässlic­he Erfahrungs­werte fehlen aber. Das ist vor allem relevant, weil Ökosteuern Menschen mit niedrigere­m Einkommen tendenziel­l stärker belasten als Gutverdien­er. Sie sind weniger flexibel und können nicht ohne Weiteres auf ein Elektroaut­o umsteigen. Hier sei ein Ausgleich notwendig, so Kocher. Die Neos-Idee, im Gegenzug Konsumsteu­ern zu senken, hält er für einen guten Anfang.

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[ Reuters ] Wer viel Auto fährt, soll dafür mehr bezahlen müssen, fordern Wirtschaft­sforscher und Politiker.

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