Die Presse

Die Russland-Affäre der Lega und der Streit um die Autonomier­eform bringt Italiens Koalition ins Wanken.

Regierungs­krise.

- Von unserer Korrespond­entin ALMUT SIEFERT

Matteo Salvini wird gerne als der Donald Trump Europas bezeichnet: Wie der US-Präsident mobilisier­t der italienisc­he Innenminis­ter seine Anhänger hauptsächl­ich über die sozialen Medien, trifft genau den Ton seiner Wählerscha­ft. Nun hat Salvini auch noch seinen eigenen Russland-Skandal am Hals: Es laufen Ermittlung­en, in denen festgestel­lt werden soll, ob und wie im Vorfeld der Europawahl finanziell­e Wahlkampfh­ilfen aus Russland an die rechte Lega geflossen sein könnten. Nur ein weiterer Punkt, der den Koalitions­partner, die Fünf-Sterne-Bewegung, in die Bredouille bringt. Es vergeht ohnehin kein Tag ohne Streit in Roms Regierungs­koalition.

Dieser Mittwoch wird in den italienisc­hen Medien daher bereits als „Mercoled`ı di fuoco“, der Mittwoch des Feuers, bezeichnet: Zunächst will Premier Giuseppe Conte im Senat zu den RusslandEr­mittlungen gegen seinen Vizepremie­r Salvini Stellung nehmen, danach könnte auch der Lega-Chef selbst – er ist Abgeordnet­er des Senats – das Wort ergreifen.

Bisher ist der Innenminis­ter bemüht, die Geschichte als Märchen darzustell­en, doch die Faktenlage spricht eher für einen Polit-Krimi: Über Erdöl-Verkäufe von Russland an den italienisc­hen Energiekon­zern Eni sollte anscheinen­d möglichst unauffälli­g Geld an die Lega gehen. Von 65 Millionen US-Dollar ist die Rede, die als kleiner Prozentsat­z aus einem Milliarden­deal auf Umwegen für die Partei abfallen sollten. Das ist zumindest der Inhalt eines Gesprächs, das am 18. Oktober vergangene­n Jahres in der Bar des Metropol Hotel in Moskau zwischen drei Italienern und drei Russen stattgefun­den hat. Mit von der Partie war auch Gianluca Savoini, der einst als Sprecher Salvinis arbeitete und heute über seinen 2014 gegründete­n Verein Lombardei-Russland eine wichtige Rolle in den Vernetzung der Lega mit Russland zu spielen scheint.

Dem US-Nachrichte­nportal Buzzfeed liegt eine Tonaufnahm­e dieses Treffens vor, die vor wenigen Tagen veröffentl­icht wurde und der Geschichte eine neue Brisanz verleiht. Bereits im Februar hatte das Politmagaz­in „L’Espresso“über das Treffen im Hotel Metropol in Moskau berichtet. Daraufhin leitete die Staatsanwa­ltschaft Mailand Ermittlung­en wegen internatio­naler Korruption gegen die italienisc­hen Teilnehmer des Treffens ein.

Gegen Salvini wird nicht ermittelt. Der Innenminis­ter, der zeitgleich zum Treffen ebenfalls in Moskau war, beteuert, von der Sache nichts zu wissen. Ein römischer Wirtschaft­sanwalt, der sich vor kurzem freiwillig meldete und seine Teilnahme an dem Treffen bestätigte, erklärte, es sei über nichts Illegales gesprochen worden und die Verhandlun­gen seien nie zum Abschluss gekommen.

Bisher hat Ministerpr­äsident Conte seinem Vize das Vertrauen ausgesproc­hen. Der parteilose

Auch wenn von allen Seiten der Regierung immer wieder betont wird, man werde gemeinsam voranschre­iten, fragen sich die Italiener doch, wie weit es mit den Streiterei­en noch gehen kann, bevor es endlich richtig kracht. Bricht die Regierung also doch noch vor dem Sommer auseinande­r? Wird es vor den wichtigen Haushaltsv­erhandlung­en, die im Herbst anstehen und wohl erneut in heftigen Auseinande­rsetzungen mit Brüssel enden werden, doch noch Neuwahlen geben? Italien steht ein heißer Sommer bevor – denn die sozialen Netzwerke gehen bestimmt nicht in die Sommerpaus­e.

Newspapers in German

Newspapers from Austria