Bühne frei für Robert Mueller
USA. Der Sonderermittler sagt vor dem Kongress zur möglichen Justizbehinderung durch Trump aus. Auch wenn er inhaltlich kaum etwas Neues berichten wird: Staub aufwirbeln wird er allemal.
Zuerst wollte er gar nicht sprechen. Dann wurde der mit Spannung erwartete Auftritt um eine Woche verschoben. Nun ist es so weit: Robert Mueller, Sonderermittler rund um die russische Wahleinmischung in den USA, stellt sich heute, Mittwoch, dem Kongress. Mit Argusaugen blickt die Nation nach Washington und fragt sich: Droht dem Präsidenten, Donald Trump, weiteres Ungemach? Werden die Aussagen Muellers die Sprengkraft haben, ein Verfahren zur Amtsenthebung in die Wege zu leiten?
Mueller wird Staub aufwirbeln, auch wenn er angekündigt hat, nichts zu sagen, was er nicht schon in seinem mehr als 400 Seiten langen Endbericht geschrieben hatte. Schließlich sind die USA ein Fernsehvolk, die Wirkung des Starjuristen wird vor den Kameras eine andere sein, als er sie je mit seinem Schriftstück hätte erzielen können. Selbst Abgeordnete haben eingestanden, nicht den ganzen Bericht gelesen zu haben – den Worten Muellers werden sie aber ebenso wie Millionen vor den Bildschirmen ganz genau lauschen.
In seinem im April veröffentlichten Endreport kam der 2017 eingesetzte frühere FBI-Chef zum Schluss, dass es keinerlei Verschwörung zwischen Moskau und der Kampagne des damaligen Kandidaten Trump vor der Präsidentschaftswahl 2016 gegeben habe. Anders lautete das Urteil Muellers rund um eine potenzielle Justizbehinderung. Wenn er sich sicher sei, dass sich Trump nichts hat zuschulden kommen lassen, hätte er das auch so gesagt, ließ Mueller die Amerikaner wissen.
Damit spielte er den Ball dem Kongress zu, und die Demokraten, die seit Anfang des Jahres die Mehrheit im Repräsentantenhaus halten, ließen sich nicht zweimal bitten. Widerwillig musste Mueller die Vorladung annehmen. Justizminister William Barr und Trump sind darüber keineswegs erfreut, hatten letztlich aber keine andere Wahl, als den bevorstehenden Auftritt Muellers zur Kenntnis zu nehmen. Das Weiße Haus war vorab um Schadensbegrenzung bemüht: Müller sei voreingenommen, das Verhör werde „schlecht sein für ihn und die falschen Demokraten“, schrieb Trump auf Twitter.
Im Zentrum der Befragung wird die Frage stehen, ob der Präsident die Arbeit des Ermittlers bewusst zu untergraben versucht hat, etwa indem er den Anwalt des Weißen Hauses, Don McGahn, beauftragt hat, für ein Ende der Untersuchungen zu sorgen. McGahn weigerte sich, dem damaligen Justizminister Jeff Sessions die Entlassung Muellers anzuschaffen – hätte McGahn anders entschieden, Trump hätte wohl die Justiz behindert. Insgesamt listet Mueller knapp ein Dutzend Beispiele auf, die Trump in die Nähe des Gesetzesbruchs bringen, etwa auch die Entlassung des damaligen FBIChefs James Comey.
„Die Anstrengungen des Präsidenten, die Untersuchungen zu beeinflussen, waren zum größten Teil nicht erfolgreich. Das liegt vor allem daran, dass Personen aus dem Umfeld des Präsidenten sich weigerten, Befehle auszuführen“, schrieb Mueller in seinem Bericht. Er wird die Worte aller Voraussicht nach vor den Abgeordneten wiederholen, und unter den Demokraten wird einmal mehr die Debatte ausbrechen, ob sie ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Republikaner einleiten sollen.
Die oberste Demokratin, Nancy Pelosi, sprach sich bislang vehement dagegen aus. Nach Trumps Frontalangriff auf die „Squad“um Alexandria Ocasio-Cortez wurden erneut Stimmen laut, die Demokraten sollten ein Verfahren anstreben. Freilich: Dass Trump tatsächlich seinen Sessel räumen muss, scheint ausgeschlossen. Dafür wäre im von den Republikanern dominierten Senat eine Zweidrittelmehrheit nötig.
Politischen Schaden für Trump kann die Show um Mueller allemal anrichten. Die Demokraten hoffen, dass der Auftritt vor den Wahlen 2020 Bürger in den Swing States zum Umdenken bewegen könnte. Klar ist: Das Verhör Muellers wird ein „öffentliches Spektakel“, wie es Justizminister Barr ausdrückte.