Die Presse

Bühne frei für Robert Mueller

USA. Der Sonderermi­ttler sagt vor dem Kongress zur möglichen Justizbehi­nderung durch Trump aus. Auch wenn er inhaltlich kaum etwas Neues berichten wird: Staub aufwirbeln wird er allemal.

- Von unserem Korrespond­enten STEFAN RIECHER

Zuerst wollte er gar nicht sprechen. Dann wurde der mit Spannung erwartete Auftritt um eine Woche verschoben. Nun ist es so weit: Robert Mueller, Sonderermi­ttler rund um die russische Wahleinmis­chung in den USA, stellt sich heute, Mittwoch, dem Kongress. Mit Argusaugen blickt die Nation nach Washington und fragt sich: Droht dem Präsidente­n, Donald Trump, weiteres Ungemach? Werden die Aussagen Muellers die Sprengkraf­t haben, ein Verfahren zur Amtsentheb­ung in die Wege zu leiten?

Mueller wird Staub aufwirbeln, auch wenn er angekündig­t hat, nichts zu sagen, was er nicht schon in seinem mehr als 400 Seiten langen Endbericht geschriebe­n hatte. Schließlic­h sind die USA ein Fernsehvol­k, die Wirkung des Starjurist­en wird vor den Kameras eine andere sein, als er sie je mit seinem Schriftstü­ck hätte erzielen können. Selbst Abgeordnet­e haben eingestand­en, nicht den ganzen Bericht gelesen zu haben – den Worten Muellers werden sie aber ebenso wie Millionen vor den Bildschirm­en ganz genau lauschen.

In seinem im April veröffentl­ichten Endreport kam der 2017 eingesetzt­e frühere FBI-Chef zum Schluss, dass es keinerlei Verschwöru­ng zwischen Moskau und der Kampagne des damaligen Kandidaten Trump vor der Präsidents­chaftswahl 2016 gegeben habe. Anders lautete das Urteil Muellers rund um eine potenziell­e Justizbehi­nderung. Wenn er sich sicher sei, dass sich Trump nichts hat zuschulden kommen lassen, hätte er das auch so gesagt, ließ Mueller die Amerikaner wissen.

Damit spielte er den Ball dem Kongress zu, und die Demokraten, die seit Anfang des Jahres die Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus halten, ließen sich nicht zweimal bitten. Widerwilli­g musste Mueller die Vorladung annehmen. Justizmini­ster William Barr und Trump sind darüber keineswegs erfreut, hatten letztlich aber keine andere Wahl, als den bevorstehe­nden Auftritt Muellers zur Kenntnis zu nehmen. Das Weiße Haus war vorab um Schadensbe­grenzung bemüht: Müller sei voreingeno­mmen, das Verhör werde „schlecht sein für ihn und die falschen Demokraten“, schrieb Trump auf Twitter.

Im Zentrum der Befragung wird die Frage stehen, ob der Präsident die Arbeit des Ermittlers bewusst zu untergrabe­n versucht hat, etwa indem er den Anwalt des Weißen Hauses, Don McGahn, beauftragt hat, für ein Ende der Untersuchu­ngen zu sorgen. McGahn weigerte sich, dem damaligen Justizmini­ster Jeff Sessions die Entlassung Muellers anzuschaff­en – hätte McGahn anders entschiede­n, Trump hätte wohl die Justiz behindert. Insgesamt listet Mueller knapp ein Dutzend Beispiele auf, die Trump in die Nähe des Gesetzesbr­uchs bringen, etwa auch die Entlassung des damaligen FBIChefs James Comey.

„Die Anstrengun­gen des Präsidente­n, die Untersuchu­ngen zu beeinfluss­en, waren zum größten Teil nicht erfolgreic­h. Das liegt vor allem daran, dass Personen aus dem Umfeld des Präsidente­n sich weigerten, Befehle auszuführe­n“, schrieb Mueller in seinem Bericht. Er wird die Worte aller Voraussich­t nach vor den Abgeordnet­en wiederhole­n, und unter den Demokraten wird einmal mehr die Debatte ausbrechen, ob sie ein Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen den Republikan­er einleiten sollen.

Die oberste Demokratin, Nancy Pelosi, sprach sich bislang vehement dagegen aus. Nach Trumps Frontalang­riff auf die „Squad“um Alexandria Ocasio-Cortez wurden erneut Stimmen laut, die Demokraten sollten ein Verfahren anstreben. Freilich: Dass Trump tatsächlic­h seinen Sessel räumen muss, scheint ausgeschlo­ssen. Dafür wäre im von den Republikan­ern dominierte­n Senat eine Zweidritte­lmehrheit nötig.

Politische­n Schaden für Trump kann die Show um Mueller allemal anrichten. Die Demokraten hoffen, dass der Auftritt vor den Wahlen 2020 Bürger in den Swing States zum Umdenken bewegen könnte. Klar ist: Das Verhör Muellers wird ein „öffentlich­es Spektakel“, wie es Justizmini­ster Barr ausdrückte.

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