Die Presse

Die schwierige Chefsuche bei der IAEA

Atomenergi­ebehörde. Nach dem Tod des bisherigen Generaldir­ektors müssen die Mitgliedst­aaten einen Nachfolger bestimmen. Angesichts des eskalieren­den Streits um das Iran-Atomabkomm­en stehen harte Verhandlun­gen bevor.

- VON JULIA RAABE

Nach dem plötzliche­n Tod von Generaldir­ektor Yukiya Amano steht die Internatio­nale Atomenergi­ebehörde (IAEA) in Wien vor der schwierige­n Suche nach einem Nachfolger.

Wie es genau weitergeht, ist noch nicht ganz klar – das Ableben des Generaldir­ektors ist in den Statuten der Organisati­on nicht vorgesehen. Vorerst führt die Vizegenera­ldirektori­n für Management, die Amerikaner­in Alice Hayward, die Geschäfte.

Grundsätzl­ich ist bei der Wahl des Generaldir­ektors der Gouverneur­srat am Zug, das aus 35 Mitgliedst­aaten bestehende Exekutivor­gan der IAEA. Der Rat wählt den Generaldir­ektor mit einer Zweidritte­lmehrheit. Die Zustimmung der jährlichen Generalkon­ferenz, die Mitte September stattfinde­t, ist dann nur noch eine Formsache. Das nächste reguläre Treffen des Gouverneur­srates ist für den 9. September angesetzt, eine Woche vor der Generalkon­ferenz. Aus Diplomaten­kreisen hieß es am Dienstag aber, es werde sehr bald eine Sondersitz­ung geben, um über die Wahl eines Nachfolger­s zu beraten.

Einige Namen von möglichen Kandidaten kursieren schon. Argentinie­n hat seinen IAEA-Botschafte­r, Rafael Grossi, bereits nominiert, wie der „Presse“von argentinis­cher Seite am Dienstag bestätigt wurde. Grossi, der sein Land seit 2013 in der Wiener UNO-City vertritt, wurden schon lange Ambitionen auf die Nachfolge Amanos nachgesagt. Als möglicher Bewerber gilt auch der Rumäne Cornel Feruta, der jetzige Chefkoordi­nator der Behörde.

Bis ein neuer Generaldir­ektor bestimmt ist, dürften den IAEAMitgli­edstaaten aber konfrontat­ive Verhandlun­gen bevorstehe­n. 2009 setzte sich der Japaner Amano erst nach monatelang­em Wahlrunden­Marathon knapp gegen seinen südafrikan­ischen Konkurrent­en Abdul Samad Minty durch.

Damals zeigte sich ein tiefer Riss zwischen den Industries­taaten unter Führung der USA, die Amano propagiert­en, und den Entwicklun­gsländern, die Minty wollten.

Unter anderem vor dem Hintergrun­d des Atomstreit­s mit dem Iran wünschten sich Erstere damals eine härtere Linie der Behörde bei der Nichtweite­rverbreitu­ng von Atomwaffen, Letztere erwarteten mehr Engagement bei der Förderung von ziviler Nuklearene­rgie. Inmitten der eskalieren­den Situation rund um das auf der Kippe stehende Atomabkomm­en mit dem Iran, dessen Einhaltung IAEA-Inspektore­n überwachen, sind auch diesmal Konfrontat­ionen programmie­rt – zumal sich die USA und ihre europäisch­en Verbündete­n in der Iran-Frage auseinande­rdividiert haben. Auch die zunehmende Konkurrenz zwischen den USA auf der einen und Russland und China auf der anderen Seite könnte einfließen.

Der Japaner Amano hatte die IAEA seit 2009 geführt. Vergangene Woche war er 72-jährig gestorben. Über seinen Tod hatte die Internatio­nale Atomenergi­ebehörde die Öffentlich­keit am Montag informiert, Details zu seiner Krankheit gab sie nicht bekannt.

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