Die Presse

Einmal krank, zweimal versichert

Wieso schafft das Finanzamt, woran die Krankenkas­sen scheitern?

- Josef.urschitz@diepresse.com

I n den vergangene­n Tagen sind die offensicht­lichen Nichteinsp­arungen durch die Krankenkas­senreform wieder in Diskussion geraten. Eine akademisch­e Diskussion, weil Einsparung­en, wenn man sich die Struktur der Reform anschaut, nicht das primäre Ziel der Reformer waren. Sondern eine Verschiebu­ng der Machtverhä­ltnisse im Hauptverba­nd. Das ist durchaus legitim, hat mit Effizienzs­teigerung aber nur am Rande zu tun.

Wäre es um eine echte Krankenkas­senreform gegangen, hätte man nämlich auch die 15 überwiegen­d von Ländern und Gemeinden betriebene­n privilegie­rten Krankenfür­sorgeansta­lten einbezogen. Aber das wäre wohl ein zu starker Eingriff in den heiligen heimischen Gamsbart-Föderalism­us gewesen.

Und man hätte ein paar irre Bürokratie­auswüchse beseitigt. Etwa die Doppelvers­icherung: Wer angestellt ist und noch nebenberuf­lich eine unternehme­rische Tätigkeit ausübt, genießt das Privileg, beim Arztbesuch die im Einzelfall jeweils bessere Krankenkas­senleistun­g aussuchen zu können. Liegt er mit seinem Einkommen in einem seiner Tätigkeits­felder über der Höchstbeit­ragsgrundl­age, muss ihm die jeweils andere Kasse im Bedarfsfal­l sogar gratis zu Diensten sein: Er zahlt dann dort ja keine Beiträge mehr.

Sehr schön, aber verrückt: Um eine Person, die nur einmal krank werden kann, kümmern sich dann zwei Bürokratie­n. Bei fast einer Viertelmil­lion Betroffene­r keine Kleinigkei­t. W er mit Kassenfunk­tionären redet, erfährt natürlich hundert Gründe, wieso das so sein muss. Und alle hundert lassen sich mit einem einzigen Wort widerlegen: Finanzamt. Niemand zahlt einen Teil seiner Steuer dem Finanzamt für Angestellt­e und einen anderen Teil dem Finanzamt für Unternehme­r und Bauern. Die Finanzer schaffen es einfach so, alle sieben Einkunftsa­rten auf eine einzige Steuererkl­ärung an ein einziges Amt zu bringen.

Vielleicht sollten die Krankenkas­senreforme­r da einmal vorbeischa­uen. Ist gar nicht so schwer, effizient zu sein, wenn man ein bisschen nachdenkt.

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