Der neue Mann bei den Neos
Quereinsteiger. Nun ist es offiziell: Helmut Brandstätter, bis vorvorgestern noch „Kurier“-Herausgeber, tritt auf dem zweiten Listenplatz für die Neos an.
Helmut Brandstätter, bis Dienstag Herausgeber des „Kurier“, hat rasch in die neue Aufgabe gefunden. Auf die Frage, welches Ministeramt er sich bei einer möglichen Regierungsbeteiligung der Neos vorstellen könnte, weicht er so gekonnt aus, wie man es von langjährigen Politikern gewohnt ist. Seit Donnerstag ist offiziell, was lang Gerücht war: Der 64-Jährige tritt bei den Nationalratswahlen als parteifreier Kandidat für die Neos auf dem zweiten Listenplatz an. Die Parteimitglieder stimmen am Samstag in Salzburg über die Vergabe der Wildcard an ihn ab.
Der Journalist verlässt damit nach 35 Jahren die Medienbranche und, so Parteichefin Beate MeinlReisinger, „die Zuschauerreihe“. Er sei der „ideale Bündnispartner für die Neos, von A wie Anstand bis Z wie Zukunft“, der zuletzt „konsequent falsche Entwicklungen im Land aufgezeigt hat“. Sie meint damit vor allem sein vorgestern präsentiertes Buch „Kurz & Kickl“. Das will er nicht, wie viele seiner Exkollegen, als „Abrechnung“mit der türkis-blauen Regierung sehen. Er habe nur „Fakten aufgezeigt, wie der Weg in einen autoritären Staat aussehen kann“.
Zu Beginn der Präsentation im durchaus bewusst gewählten, von der Caritas betriebenen MagdasHotel in Prater-Nähe („Wollen nicht in einem Land leben, in dem Institutionen wie die Caritas diffamiert werden“) bittet Brandstätter um Entschuldigung, dass „es gedauert hat, diese Entscheidung zu treffen“. Mit dem „Kurier“, den er seit 2010 als Chefredakteur, seit 2013 auch als Herausgeber geführt hat, habe er schon länger über eine Trennung beraten, aber Brandstätter sei auch an einem eigenen Medienprojekt dran gewesen, sagt er. Das muss jetzt warten, das Engagement bei den Neos hat ihn mehr gereizt.
Der gebürtige Wiener, Jurist und dreifache Vater ist mit ORFModeratorin Patricia Pawlicki verheiratet. Er selbst begann seine Karriere 1982 im ORF und hätte sie gern dort als Generaldirektor beendet. Bei den Neos will er sich vor allem um Themen wie Wissenschaft und Forschung kümmern, die Medienagenden bleiben bei der Chefin. Trotz lauter, harter Kritik an der Kurz-ÖVP in seinem neuen Buch schließt er für sich (und die Neos) nur eine Koalition mit der FPÖ aus. Die Neos-Chefin meinte, sie sei froh über einen Kandidaten „mit Ecken und Kanten“– und: „Ich will Widerspruch in den eigenen Reihen.“(awa)