Die Presse

Der Geschmack von Kindheitse­rinnerunge­n

Im Sommer hatte man meist eine süße Hauptnahru­ngsquelle. Glaubte ich zumindest.

- VON IRIS BONAVIDA E-Mails an: iris.bonavida@diepresse.com

Österreich­ische

Kindheit muss picksüß schmecken, zumindest wenn man den Erzählunge­n meiner heimischen Bekannten lauscht. Die beiden Hauptnahru­ngsquellen scheinen in vergangene­n Sommern Dreh und Trink und Twinni gewesen zu sein, wie nostalgisc­h erklärt wird. Bei Glaubenskr­iegen in der Frage, welche Farbe nun die bessere ist, halte ich mich lieber raus: Man soll ja nicht über Dinge schreiben, von denen man keine Ahnung hat.

In Italien hingegen schmeckt die Jugend nach Weinlikörc­reme, wie ich bei meinem letzten Besuch feststelle­n musste. Das hängt allerdings nicht mit einem mutmaßlich­en früheren Alkoholkon­sum in dem Land zusammen. Sondern mit dem Eis, das wie eine Art süßes Sandwich aus Keksen und Creme besteht und so gern von Kindern verspeist wird. Ich glaubte, mich noch aus meiner Jugend zu erinnern, dass die Geschmacks­richtung Haselnuss ist. Es ist aber Zabaione – also eine Nachspeise aus Eiern, Zucker und likörartig­em Marsalawei­n.

Die Kindheit schmeckt aber auch nach Brot. Eine beliebte Tischgepfl­ogenheit ist die Scarpetta, also das Schühchen. Nach dem Pastaessen werden die letzten Sugoreste am Teller mit einem Stück Gebäck aufgesaugt, um ja nichts zu verschwend­en. Warum es für diesen Vorgang nicht auch eine deutschspr­achige Bezeichnun­g gibt, wollte ich letztens wissen. „In Österreich gibt es nie genug Sauce auf den Nudeln.“

Und dann mussten wir noch einen kulturelle­n Unterschie­d feststelle­n: Calimero, in der deutschspr­achigen Version das „Küken aus Palermo“, hat in der italienisc­hen Version gar keine regionale Zuschreibu­ng und wurde eigentlich mit einer Waschmitte­lwerbung geboren. Ich hoffe, jetzt keine Kindheitse­rinnerung von Ihnen zerstört zu haben.

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