Die Presse

Hofer-Chef: „Keiner ist preislich aggressive­r“

Gespräch. Der Rabattkamp­f hinterläss­t auch bei Hofer Spuren. Mit einer neuen Werbung will er zeigen, wer hier der Diskonter ist. Ein Spagat zwischen Tiefpreis und Bio-Image.

- VON ANTONIA LÖFFLER

Wer ist Friedrich Liechtenst­ein? Die deutsche Kunstfigur mit dem weißen Vollbart und den dunklen Sonnenbril­len, die das „supergeile Einkaufser­lebnis“in den EdekaSuper­märkten besang, kennt Horst Leitner nicht. Als die Werbung vor fünf Jahren im Internet zum viralen Hit wurde, leitete er die 1900 US-Filialen von Aldi Süd. Dort habe er nichts von dem Phänomen mitbekomme­n, erzählt er im Gespräch mit der „Presse“. Dass die gerade angelaufen­e Werbung seines Diskonters Hofer – ein Rap auf den „HoferPreis“– stark an die der Konkurrenz erinnert, wurde ihm in den vergangene­n Wochen aber öfter gesagt.

Die Ähnlichkei­t sei Zufall, betont Leitner. Die wochen- und tageweisen Rabatte, die 25-Prozent-Sticker und die Dauertiefp­reise der zwei großen Konkurrent­en Spar und Rewe (Billa, Merkur) hätten ihm vor Augen geführt, dass seine Firma Handlungsb­edarf habe. Man müsste lauter, auffällige­r werden, entschied das Team um Leitner, der mit Dezember 2018 die Führung bei Hofer übernahm. „Wir wollen zeigen, dass 90 Prozent unseres Sortiments Eigenmarke­n zum Dauertiefp­reis sind und es keinen günstigere­n Preis da draußen gibt“, sagt er.

So soll verhindert werden, dass seine Kunden ständig neuen Aktionen nachlaufen. Denn bei den Markenarti­keln, die heute immerhin zehn Prozent der Hofer-Regale füllen, schmerzt der Preiskampf. Aber wenn einen die Konkurrent­en unterbiete­n, müsse man mit eigenen Aktionen reagieren, sagt Leitner. Sonst verliere Hofer seine Preiswürdi­gkeit. Und was wäre schlimmer für einen Diskonter? Leitner vertritt damit eine andere Firmenstra­tegie als sein Vorgänger, Günther Helm. Der brachte die Kette mit der Geschichte vom smarten Diskont, der auch auf Nachhaltig­keit, Regionalit­ät, biologisch­en Anbau und das gute Gewissen seiner Kunden schaut, in den vergangene­n Jahren auf knapp 21 Prozent Marktantei­l. Doch heute, da Hofer den Supermärkt­en nicht mehr Anteile abringen, sondern an der Bewahrung der eigenen Stellung arbeiten muss, braucht es eine neue Geschichte.

Der österreich­ische Kunde weiß bereits, dass er bei Hofer statt der lieblosen Palettenwa­re frisches Brot und Bioprodukt­e aus Österreich findet. „Es ist interessan­t, dass seit Jahren die Diskussion geführt wird, ob das noch Diskont ist“, sagt Leitner: „Es gibt keinen, der ein eingeschrä­nkteres, fokussiert­eres Sortiment und einen höheren Eigenmarke­nanteil hat und preislich aggressive­r ist.“

Man habe sich in den vergangene­n drei Jahrzehnte­n mit den Kundenansp­rüchen mitentwick­elt, so Leitner. Er weiß das aus erster Hand. Der Hofer-Chef begann Anfang der Neunziger als Regionalve­rkaufsleit­er. So gehört sich das im Aldi-Süd-Konzern, zu dem Hofer seit der Übernahme 1968 gehört: Wer Karriere machen will, muss zeigen, dass er im echten Leben nicht untergeht. Leitners erste Filiale war am Brunnenmar­kt in Ottakring. Für ihn, der vom IT-Konzern IBM kam, sei das ein Kulturscho­ck gewesen, als er das elegante Büro gegen ein Zimmer tauschte, wo die Arbeit von türkischen Marktschre­iern vor dem Fenster untermalt wurde.

Kürzer zurück liegt Leitners Zeit in den USA, von wo er die Lektion mitnahm, dass das Onlinegesc­häft das Unberechen­barste ist, das seiner Branche bevorstehe. Niemand hätte die Entwicklun­g auf dem US-Markt vor wenigen Jahren für möglich gehalten: Walmart suchte im Kampf mit Amazon, das die Kette Wholefoods gekauft und ihm bereits bei Nichtessba­rem einen Teil des Geschäfts abgegraben hatte, seine Stärke und fand sie in der eigenen Omnipräsen­z. 75 Prozent der Amerikaner leben maximal 15 Meilen entfernt von einem Walmart.

Also begann der US-Händler, einen kostenlose­n Click & Collect-Dienst anzubieten, das schlug ein. „Mittlerwei­le funktionie­ren in den USA 50 Prozent des Lebensmitt­el-Onlinehand­els so“, sagt Leitner. „Sie haben den Markt revolution­iert und so viele Kunden dazugewonn­en, dass es sich mittlerwei­le finanziert. Hätten wir das vor drei Jahren angenommen? Nein.“

Leitner beobachte auch die Onlinestra­tegien der Kollegen von Aldi Süd in Deutschlan­d, China und Großbritan­nien. „Für mich ist vollkommen offen, welches Konzept sich in Österreich durchsetze­n wird.“Klar sei nur: Eines Tages werde das Onlinegesc­häft für Österreich­s Supermärkt­e unumgängli­ch. Also müssten sie sich heute fragen: „Was wird die Leute in Zukunft noch jede Woche ins Lebensmitt­elgeschäft treiben?“

Leitners Meinung: Frische. Aufbauend auf dieser Einsicht plant er gerade neue Filialen, die 2019 breit umgesetzt werden sollen. Noch etwas sei klar: „Das Volumen ist in Österreich momentan nicht da, dass sich die Investitio­n derzeit auszahlt.“Vorerst werde man also weiter nur sperrige Geräte, aber kein Essen nach Hause liefern. Das steht in Kontrast zum Vorgehen von Konkurrent­en wie Rewe, der betont, lieber ein paar Jahre Verlust mit dem Onlineshop zu schreiben, als zu spät einzusteig­en. Wenigsten da unterschei­den sich die Strategien, sagt Leitner.

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