Hofer-Chef: „Keiner ist preislich aggressiver“
Gespräch. Der Rabattkampf hinterlässt auch bei Hofer Spuren. Mit einer neuen Werbung will er zeigen, wer hier der Diskonter ist. Ein Spagat zwischen Tiefpreis und Bio-Image.
Wer ist Friedrich Liechtenstein? Die deutsche Kunstfigur mit dem weißen Vollbart und den dunklen Sonnenbrillen, die das „supergeile Einkaufserlebnis“in den EdekaSupermärkten besang, kennt Horst Leitner nicht. Als die Werbung vor fünf Jahren im Internet zum viralen Hit wurde, leitete er die 1900 US-Filialen von Aldi Süd. Dort habe er nichts von dem Phänomen mitbekommen, erzählt er im Gespräch mit der „Presse“. Dass die gerade angelaufene Werbung seines Diskonters Hofer – ein Rap auf den „HoferPreis“– stark an die der Konkurrenz erinnert, wurde ihm in den vergangenen Wochen aber öfter gesagt.
Die Ähnlichkeit sei Zufall, betont Leitner. Die wochen- und tageweisen Rabatte, die 25-Prozent-Sticker und die Dauertiefpreise der zwei großen Konkurrenten Spar und Rewe (Billa, Merkur) hätten ihm vor Augen geführt, dass seine Firma Handlungsbedarf habe. Man müsste lauter, auffälliger werden, entschied das Team um Leitner, der mit Dezember 2018 die Führung bei Hofer übernahm. „Wir wollen zeigen, dass 90 Prozent unseres Sortiments Eigenmarken zum Dauertiefpreis sind und es keinen günstigeren Preis da draußen gibt“, sagt er.
So soll verhindert werden, dass seine Kunden ständig neuen Aktionen nachlaufen. Denn bei den Markenartikeln, die heute immerhin zehn Prozent der Hofer-Regale füllen, schmerzt der Preiskampf. Aber wenn einen die Konkurrenten unterbieten, müsse man mit eigenen Aktionen reagieren, sagt Leitner. Sonst verliere Hofer seine Preiswürdigkeit. Und was wäre schlimmer für einen Diskonter? Leitner vertritt damit eine andere Firmenstrategie als sein Vorgänger, Günther Helm. Der brachte die Kette mit der Geschichte vom smarten Diskont, der auch auf Nachhaltigkeit, Regionalität, biologischen Anbau und das gute Gewissen seiner Kunden schaut, in den vergangenen Jahren auf knapp 21 Prozent Marktanteil. Doch heute, da Hofer den Supermärkten nicht mehr Anteile abringen, sondern an der Bewahrung der eigenen Stellung arbeiten muss, braucht es eine neue Geschichte.
Der österreichische Kunde weiß bereits, dass er bei Hofer statt der lieblosen Palettenware frisches Brot und Bioprodukte aus Österreich findet. „Es ist interessant, dass seit Jahren die Diskussion geführt wird, ob das noch Diskont ist“, sagt Leitner: „Es gibt keinen, der ein eingeschränkteres, fokussierteres Sortiment und einen höheren Eigenmarkenanteil hat und preislich aggressiver ist.“
Man habe sich in den vergangenen drei Jahrzehnten mit den Kundenansprüchen mitentwickelt, so Leitner. Er weiß das aus erster Hand. Der Hofer-Chef begann Anfang der Neunziger als Regionalverkaufsleiter. So gehört sich das im Aldi-Süd-Konzern, zu dem Hofer seit der Übernahme 1968 gehört: Wer Karriere machen will, muss zeigen, dass er im echten Leben nicht untergeht. Leitners erste Filiale war am Brunnenmarkt in Ottakring. Für ihn, der vom IT-Konzern IBM kam, sei das ein Kulturschock gewesen, als er das elegante Büro gegen ein Zimmer tauschte, wo die Arbeit von türkischen Marktschreiern vor dem Fenster untermalt wurde.
Kürzer zurück liegt Leitners Zeit in den USA, von wo er die Lektion mitnahm, dass das Onlinegeschäft das Unberechenbarste ist, das seiner Branche bevorstehe. Niemand hätte die Entwicklung auf dem US-Markt vor wenigen Jahren für möglich gehalten: Walmart suchte im Kampf mit Amazon, das die Kette Wholefoods gekauft und ihm bereits bei Nichtessbarem einen Teil des Geschäfts abgegraben hatte, seine Stärke und fand sie in der eigenen Omnipräsenz. 75 Prozent der Amerikaner leben maximal 15 Meilen entfernt von einem Walmart.
Also begann der US-Händler, einen kostenlosen Click & Collect-Dienst anzubieten, das schlug ein. „Mittlerweile funktionieren in den USA 50 Prozent des Lebensmittel-Onlinehandels so“, sagt Leitner. „Sie haben den Markt revolutioniert und so viele Kunden dazugewonnen, dass es sich mittlerweile finanziert. Hätten wir das vor drei Jahren angenommen? Nein.“
Leitner beobachte auch die Onlinestrategien der Kollegen von Aldi Süd in Deutschland, China und Großbritannien. „Für mich ist vollkommen offen, welches Konzept sich in Österreich durchsetzen wird.“Klar sei nur: Eines Tages werde das Onlinegeschäft für Österreichs Supermärkte unumgänglich. Also müssten sie sich heute fragen: „Was wird die Leute in Zukunft noch jede Woche ins Lebensmittelgeschäft treiben?“
Leitners Meinung: Frische. Aufbauend auf dieser Einsicht plant er gerade neue Filialen, die 2019 breit umgesetzt werden sollen. Noch etwas sei klar: „Das Volumen ist in Österreich momentan nicht da, dass sich die Investition derzeit auszahlt.“Vorerst werde man also weiter nur sperrige Geräte, aber kein Essen nach Hause liefern. Das steht in Kontrast zum Vorgehen von Konkurrenten wie Rewe, der betont, lieber ein paar Jahre Verlust mit dem Onlineshop zu schreiben, als zu spät einzusteigen. Wenigsten da unterscheiden sich die Strategien, sagt Leitner.